Ablage The Limits of Talking: Dialoge kontrollieren

The Limits of Talking: Dialoge kontrollieren

Im Film "The Limits of Control" tut ein mysteriöser Profi-Killer – nicht viel. Vor allem eines nicht: sprechen. Selten hat ein Hollywood-Protagonist so geschickt kommuniziert. Die Zauberformel für erfolgreiche Dialoge lautet: zuhören um zu verstehen.

„Niemals, während ich arbeite.“ Das ist einer der wenigen Sätze, die der Hauptdarsteller in „The Limits of Control“ sagt. Nämlich zu einer seltsamen, fremden Frau, die immer mal wieder nackt in seinem Hotelzimmer auftaucht.
Im Laufe des Films erschließt sich, warum er so wortkarg ist: Der Mann beschränkt seine verbale Aktivität mit den übrigen Protagonisten auf das Nötigste, weil er mit Verstehen beschäftigt ist. Mit Zuhören. Das ist es, was er ‚Arbeit‘ nennt.

Er tut gut daran, denn seine Gesprächspartner plaudern eifrig drauflos. Was er wirklich von ihnen braucht, sind allerdings die kleinen Zettel mit Botschaften, die sie ihm in Streichholzschachteln überreichen, und die ihn schließlich zu seiner Zielperson führen sollen. Nachdem er sie gelesen hat, verschluckt er sie und spült sie mit einem Espresso runter. Immer und immer wieder.

Der Mann hat das Geheimnis erfolgreicher Dialogführung durchschaut: er konzentriert sich aufs Wesentliche. Die meisten Missverständnisse entstehen nämlich nicht erst, wenn wir das Falsche sagen, sondern schon vorher: weil wir falsch zuhören. Wir hören nicht zu, um zu verstehen – wir hören zu, um zu antworten.

Statt verstehen zu wollen, sind die meisten Dialogpartner während des Zuhörens damit beschäftigt, sich für ihre Erwiderung aufzustellen. Sie fixieren sich auf bestimmte Aspekte, die ihre inneren Widerstände anstacheln. Und kriegen den Rest gar nicht mehr mit: die guten Argumente, die Schnittengen und Gemeinsamkeiten, die Ansatzpunkte für Lösungen.

In der Rhetorik gibt es für solche Fälle ein Werkzeug, das „kontrollierter Dialog“ heißt. Die Krux liegt im Ablauf der Übung: Bevor ein Dialogpartner sich selbst zum Thema äußern darf, muss er den Standpunkt seines Gegenübers wiederholen. Und zwar so lange, bis dieser zufrieden damit ist, wie seine Aussagen wiedergegeben werden. Nun kannst du das schlecht bei jedem Gespräch durchziehen. Dein Gesprächspartner würde sich fragen, was mit dir nicht stimmt. In abgewandelter Form lässt sich diese Technik aber auch im Business-Alltag anwenden. Gerade bei großen Unterschieden zwischen den Gesprächspartnern kann der kontrollierte Dialog helfen.

Ein Beispiel ist der Akustikingenieur, der Fahrgeräusche für Autos designt. Er hat das gleiche Problem wie die meisten Spezialisten: Die Entscheider, denen er seine Konzepte präsentieren muss, sind alles, nur keine Akustikingenieure. Sie verstanden ihn früher oft nicht richtig. Die Informationen kamen nicht an. Deshalb trafen sie Entscheidungen, die sie nicht getroffen hätten, wenn sie ihn verstanden hätten.

Ihm hat der kontrollierte Dialog geholfen, indem er ins Du verkehrt wurde. Nach der nächsten Präsentation sagte er seinem Entscheider: „Ich weiß, das Geräuschdesign ist seit vielen Jahren mein Thema. Da kann es schon mal passieren, dass ich mich unklar ausdrücke. Ich möchte sichergehen, dass mir das nicht wieder passiert ist. Deshalb bitte ich Sie: Spielen Sie mir bitte mal kurz zurück, wie Sie das mit der FZ7071 sehen. Was denken Sie darüber?“

Bei der Antwort, die du auf dieses Rückspiel bekommst, musst du dich in der Regel warm anziehen. Sie entspricht in den seltensten Fällen dem, was du eigentlich rüberbringen wolltest. Jetzt bekommst du die Chance, es richtigzustellen! Übrigens nie so: „Herr Blechschmidt, da haben Sie mich falsch verstanden.“ Sondern immer so: „Da habe ich mich falsch ausgedrückt. Ich probier’s noch mal.“

Auf diese Weise können wir Dialoge unter Kontrolle behalten. Die Vorgehensweise kann unterschiedlich sein, doch der entscheidende Punkt in jedem Gespräch ist der Wille, den Anderen wirklich zu verstehen und gleichzeitig verstanden werden zu wollen. Unsere Eitelkeit und unsere inneren Bewertungen für den Zeitraum des Zuhörens zu suspendieren. Sonst tragen wir jegliche Unklarheit immer weiter in den Dialog hinein.

Spoiler-Alert: Der mysteriöse Killer im Film hat seine Zielperson, einen menschenverachtenden Widerling von einem Strippenzieher, am Ende gefunden. Und gekillt. Allerdings nicht ohne ihm vorher aufmerksam beim Schwafeln zuzuhören. Um sich zu vergewissern, dass er es auch wirklich verdient hatte.

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