Life & Style Folgerichtig: Fargo

Folgerichtig: Fargo

In “Folgerichtig” gibt Awesomer Maik Zehrfeld monatlich neue Serien-Tipps, die ideal zum Totschlagen von Reisezeit unterwegs oder zum Abschalten nach der Arbeit daheim sind – oder denen man lieber aus dem Weg zappen sollte. Seriesly.

Soll ich, oder soll ich nicht? Eigentlich sollte jeder Serien- (und Film-)Fan „Fargo“ bereits kennen, und ist diese Kolumne nicht eigentlich als digitaler Kompass durch den ach so dichten Format-Dschungel gedacht? Geheim-Tipps, Neustarts – halt Dinge, die man nicht unbedingt auf dem Schirm hat, auf dem Schirm laufen zu haben. Aber zum einen ist der Dezember erfahrungsgemäß recht Neustarts-Faul (die Weihnachts-Specials von „Downton Abbey“ und „Sherlock“ mal außen vor gelassen), zum anderen möchte ich ihr eben Tribut zollen. Der schweren zweiten Staffel. Der erfüllten hohen Erwartungen. Diesem tollen Beispiel, dass es eben doch geht (ja, damit bist du gemeint, True Detective!). Denn „Fargo“ ist vermutlich die beste Serien-Produktion des Jahres. Punkt.

Film, Staffel 1 & Staffel 2

Vor der ultimativen Lobhudelei eine kurze Einordnung (für die wenigen, die bis hier gelesen, jedoch keine Ahnung haben, worum es geht). „Fargo“ kam 1996 als Film in die Kinos. Der Coen Brothers-Streifen wurde schnell Kult und hat mit William H. Macy und Steve Buscemi auch zwei große Namen an Bord gehabt (und allgemein einen klasse Cast). Irgendwann begann dann die große (und größtenteils unnötige) Remake-Welle. Erst im Filmbereich, seit ein paar Jahren auch bei den Serien. Skeptisch betrachtete man das Vorhaben, aus dem Film eine Serie zu machen. Aber bereits bei den ersten Eyecandy-Teasern wurde klar: Die haben sich verdammt nochmal Gedanken gemacht, geil!

Und das ist eine qualitative Eigenart der Serie, die sich bis heute durchzieht und sie von vielen anderen Produktionen unterscheidet. Überlegungen, Gedanken, Hingabe – bis ins kleinste Detail. So hat man nicht einfach (wie z.B. bei der ersten Staffel von „From Dusk Till Dawn“) die Filmhandlung auf moderne Weise nacherzählt sondern einen Zeitsprung hingelegt. Knapp zehn Jahre nach den Vorfällen von „damals“ – stets im Hinterkopf verbunden und auch mit der ein oder anderen Querverbindung. Dazu ein genialer Cast (u.a. Martin Freeman, Billy Bob Thornton ,Bob Odenkirk und Colin Hanks) und Figuren, die zwar neu und anders aber doch „gewohnt durchgeknallt“ und wunderbar blöd-naiv-liebenswert sind. Und die Hauptzutat: Gevatter Zufall. Vom Kleinen ins Große stolpern, bis man nicht mehr umkehren kann. Das Grundprinzip funktioniert, die Charaktere entwickeln sich, die Medienwelt ist begeistert – und dann?

Die wilden Siebziger

Der Ruf nach Staffel 2 ertönt. Und was machen die Macher? Neue Besetzung, neue Geschichte, neue visuelle Aufmachung, neue Zeit – die Siebziger. Ein riskanter Plan und gerade die eher mäßige zweite „True Detective“-Staffel hat gezeigt, dass man an hohen Erwartungen schon einmal kläglich scheitern kann – egal, welche Namen am Werk sind. Aber das Tolle ist: Fargo erfüllt nicht nur die Erwartungen, es wird immer besser!

Geniale Besetzung

Jetzt fehlen vielleicht die ganz großen Namen, aber die Besetzung ist in der Breite ungemein gelungen. Viele bekannte Serien-Gesichter sind am Start und gerade in den ersten Folgen freut man sich bei jedem neu entdeckten Bekannten. Patrick Wilson („Watchmen“), Kirsten Dunst („Spider-Man“), Jesse Plemons („Breaking Bad“), Ted Danson („Cheers“), Cristin Milioti („How I Met Your Mother“, „A to Z“), Jeffrey Donovan („Burn Notice“), Nick Offerman („Parks & Recreation“) oder auch Bruce Campbell („Burn Notice“, „Ash vs. Evil Dead“) sind dabei – um nur einige zu nennen. Hohe Qualität bis in die kleinste Nebenrolle, aber eben kein pures Namedropping – durchdachtes Casting.

Überzeugendes Setting

Hat Staffel 1 die Requisite dank zeitlicher Einordnung im „Beinahe-Heute“ nicht wirklich gefordert, müssen sie jetzt richtig ran. Autos, Kleidung, Waffen, Schreibmaschinen, Metzgerei – alles wird in ungemein glaubwürdiger Art und Weise inszeniert, ohne dabei künstlich zu wirken. Auch wenn ich den visuellen Stil der 70er nicht unbedingt mag, es passt alles. Alles. Und wo wir gerade bei „Visualität“ sind – die Serie sieht einfach wunderschön aus. Jede Perspektive wirkt, als müsse sie genau so sein. Keine erzwungenen Kunst-Shots, sie kommen ganz natürlich, wenn es eben gerade zur Erzählung passt, als kommunikatives Instrument und Stilmittel. Nichts scheint als Füllmaterial zu fungieren oder unnötige Erzählweise. Alles hat Hand und Fuß und wird in der richtigen Reihenfolge und im richtigen Timing gebracht. Teilweise sind die Handlungen gar nicht derart „episch“, wie man sie gerade fühlt. Es ist die Schauspielkunst des Casts, die eigentlich bescheuerten bis kuriosen Handlungsstränge, die aber im Kleinen allesamt Sinn machen und so ein zwar skurriles aber eben glaubhaftes Ganzes ergeben.

Überraschung statt Enttäuschung

Ich hatte skeptisch auf den Start der zweiten Staffel geblickt, aber sie hat meine Erwartungen übertroffen. Sie ist größer, komplexer, schöner und noch durchdachter als die erste. Es ist ein viel subtilerer Humor, es steckt mehr Liebe im Detail und hinsichtlich einigen Figuren entgegen zu bringenden Sympathien fragt man sich als Zuschauder ständig: Soll ich, oder soll ich nicht?

Was ihr unbedingt solltet, ist, euch „Fargo“ anzuschauen. Ihr müsst nicht unbedingt den Film oder Staffel 1 zuerst schauen (könnt ihr aber gerne). Aktuell läuft die zweite Staffel in den USA bei FX, bei uns ist die Serie wöchentlich über Netflix anzuschauen. Zwei Folgen gibt es noch bis Weihnachten, dann sind die zehn Siebziger-Episoden vorbei. Und wir warten gespannt auf Cast-Gerüchte und Zeitsprung-News aus dem kalten Fargo-Umland.

Mehr zu Fargo findet ihr bei seriesly AWESOME.

https://youtu.be/UKIIJ3Zn_1E

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