Ablage Schluss mit dem Fachchinesisch: Vertrauen braucht Klarheit

Schluss mit dem Fachchinesisch: Vertrauen braucht Klarheit

Manche geschäftliche Präsentation kommt so unverständlich daher, dass der Redner genauso gut Chinesisch sprechen könnte. Mit Fachbegriffen um sich zu werfen soll Kompetenz suggerieren. Der Schuss geht nach hinten los: Wen wir nicht verstehen, dem vertrauen wir nicht.

„Gutmensch“ hat es zum Unwort des Jahres 2015 gebracht. Völlig zu Recht. Aber das reicht mir noch nicht. Ich plädiere für eine zusätzliche Auszeichnung: das Business-Unwort des Jahres.

Um die Notwendigkeit zu untermauern, hätte ich auch gleich ein paar Vorschläge parat. „Business-to-Business-to-Consumer-Wirtschaft“ zum Beispiel. Oder „Nicht-Leben-Rückversicherungsgeschäft“. In der Autobranche ist gerade das „Autonomobil“ in. Schon fast ein Klassiker: Das Infrastrukturplanungsbeschleunigungsgesetz“. Auch schön: Hippopotamomonstrosesquipedaliophobie. Letzteres ist zwar kein Business-Begriff, bezeichnet aber die Angst vor langen Wörtern. Kein Witz. Es gibt übrigens durchaus Ängste, für die ich weniger Verständnis habe.

In Hauptversammlungen überrascht das Fachchinesisch längst niemanden mehr. Viele Vorstandsvorsitzende scheinen nicht darauf abzuzielen verstanden zu werden, sondern darauf, den Duden-Wortschatz zu erweitern.

Leider ist das aber keine Macke, die auf einen elitären Kreis begrenzt wäre. Im Management, auch weit unterhalb der Vorstandsebene, ist das eine regelrechte Sportart. Aus einem ganz banalen Grund: Fachbegriffe und Kettenwörter gelten als Glaubwürdigkeitsanzeiger. Viele Reden und Präsentationen im Business sind deshalb nur so mit Fachchinesisch gespickt. Die Botschaft des Redenden: Ich bin ein Insider. Ich weiß, wovon ich rede. Also zweifelt ja nicht an meinen Worten.

Nachvollziehbar? Vielleicht. Nur geht diese Rechnung aus wissenschaftlicher Sicht ganz und gar nicht auf. Tatsächlich erreichen die Kompetenzschwafler mit ihrer angestrengten Suche nach dem kompliziertesten Ausdruck genau das Gegenteil. Der britische Psychologe Richard Wiseman hat herausgefunden: Wer Fachbegriffe und Endloswörter inflationär verwendet, büßt Glaubwürdigkeit ein. Denn Menschen, die wir nicht verstehen, vertrauen wir nicht. Vertrauen braucht Klarheit.

Aus rhetorischer Sicht möchte ich hinzufügen: Was Menschen nicht verstehen, das kann sie auch nicht begeistern. Doch genau darum geht es bei der freien Rede. Auch vor Fachkollegen steht dir das Kauderwelsch letztlich nur dabei im Weg, klare Botschaften auszusenden. Eine maximal wirksame Rede ist vor allem verständlich, emotional und unterhaltsam. Fachbegriffe sind bei keinem dieser Kriterien hilfreich.

Wenn du etwas zu sagen hast, versteck dich nicht hinter Kompetenzgetöse. Bring den Mut auf, verstanden werden zu wollen.

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