Ablage Die Kunst „Nein“ zu sagen: Wie du dir nervige Diskussionen ersparst

Die Kunst „Nein“ zu sagen: Wie du dir nervige Diskussionen ersparst

Nein zu sagen fällt den meisten Menschen schwerer als ja zu sagen. Meist liegt das daran, dass wir um die Beziehung zum Gesprächspartner fürchten. Manche beißen lieber täglich in saure Äpfel als es sich mit Kollegen, Partner oder Chef zu verderben. Doch es ist durchaus möglich nein zu sagen, ohne verbrannte Erde zu hinterlassen.

Es soll ja Menschen geben, die an ihrem einzigen freien Tag in der Woche lieber die widerborstige Schwiegermutter besuchen als einmal nein zu sagen. Doch mit jedem Ja, das eigentlich ein Nein werden sollte, versinken wir wieder eine Handbreit tiefer im Harmoniesumpf: Wer nicht nein sagen kann, bietet sich weniger empathischen Kollegen geradezu als Ansprechpartner für den Schichttausch an. Und Freunden als seelischer Mülleimer.

Die Sorge, es sich mit dem Gesprächspartner zu verderben, wirkt sich aber nicht nur dann destruktiv aus, wenn wir ja statt nein sagen. Weil wir uns schlecht fühlen neigen wir auch dazu, die Ablehnung auf Krampf begründen zu wollen. Wir glauben, dass es ein Gebot der Höflichkeit sei, das Nein immer zu begründen. Tatsächlich ist das bei weitem nicht in allen realen Gesprächssituationen so. Sehr oft bewirkt der Versuch, das Nein zu verkleiden, sogar das Gegenteil: Es wird unverständlich.

Warum?

Wenn du ein Nein begründest, geht es nicht mehr um das Nein – sondern nur noch um den Grund.

Wenn der Grund zum Problem wird

Ein Beispiel: Ein Mitarbeiter will eine Gehaltserhöhung. Der Chef erwidert: „Verstehe ich ja, aber die anderen hätten auch eine verdient, und das passt dann leider nicht ins Budget.“ So leicht lässt sich ein Mitarbeiter nicht abspeisen, der seinen Mut zusammengenommen hat: „Okay, dann sage ich eben nichts, und wenn Sie auch nichts sagen, erfährt es ja keiner.“ Jetzt steckst du als Chef in der Diskussion drin, und das Nein wird immer schwerer.

Ein anderes Szenario: Du willst dir ein Paar Schuhe kaufen. Das Paar, das der Verkäufer dir andrehen will, gefällt dir aber nicht. Was tust du? Du erfindest eine Begründung für dein Nein: „Die drücken vorn ein bisschen.“ Für den Verkäufer eine Einladung: „Ja, die drücken am Anfang vorn immer ein bisschen – nach ein paarmal Tragen merken Sie davon nichts mehr.“ Das wird zäh, wenn du nicht unhöflich werden willst.

Nicht zuletzt bei Kindern kann uns eine schlechte Begründung leicht um die Ohren fliegen. Wenn mein Sohn noch Gummibärchen will, und ich sage: „Nein, weil du schon welche hattest“, dann bekomme ich gern mal die Antwort: „Aber das waren nur drei, und die waren alle weiß.“ Diese Diskussion könnte länger dauern…

Worum geht es in diesen Gesprächen, was steht im Mittelpunkt? Nicht das Nein, sondern der Grund. Eine unnötige Begründung zwingt den Gesprächspartner regelrecht in die Diskussion hinein.

Alternativen zum „Nein“ sagen

Natürlich kann ein nacktes „Nein!“ nicht immer die Lösung sein. Es gibt Situationen, in denen wir die Ablehnung tatsächlich begründen müssen. Aber auch dann lassen sich die nervigen Diskussionen oft vermeiden, die sich aus einer ungeschickten Argumentation entspinnen können.

So manche Diskussion kannst du dir ersparen, indem du deinem Gesprächspartner einen Alternativimpuls gibst. Der folgende Dreischritt erlaubt dir höflich und gleichzeitig bestimmt nein zu sagen – zum Schuhverkäufer, zum Mitarbeiter, zum kleinen Sohn:

  1. Leite das Nein durch eine freundliche Bemerkung zur Sache ein: „Danke, dass Sie mir den Schuh gezeigt haben.“ Oder: „Verdient hätten Sie die Gehaltserhöhung.“ Oder: „Ich mag Gummibärchen auch.“
  2. Formuliere das Nein mit einem knappen Hauptsatz – möglichst ohne das Wort ‚nein‘ zu verwenden: „Dieses Modell werde ich nicht nehmen.“ Oder: „In diesem Jahr ist leider keine Gehaltserhöhung drin.“ Oder: „Jetzt gibt’s keine Gummibärchen.“
  3. Setze einen Alternativimpuls, der deinem Adressaten eine konkrete Perspektive bietet: „Hätten Sie noch ein anderes Paar?“ Oder: „Sprechen Sie mich im nächsten Jahr noch einmal auf die Gehaltserhöhung an, dann mischen wir die Karten neu.“ Oder: „Frag mich nach dem Abendessen noch mal nach den Gummibärchen.“

Manchmal ist ein Nein verständlicher, wenn es nicht begründet wird. Und sehr oft ist dem Gesprächspartner mit einem Alternativimpuls besser gedient als mit einer verkrampften Begründung, die der Andere dir vielleicht nicht mal abnimmt. Letzteres kann wirklich schlecht für die Beziehung sein. Konstruktiv nein sagen zu können dagegen ist eine Fähigkeit, die dir Respekt verschafft.

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