Leadership & Karriere „Wer die Gesellschaft versteht, macht gutes Marketing“: Rik Strubel spricht über den neuen Markenauftritt von Axe

„Wer die Gesellschaft versteht, macht gutes Marketing“: Rik Strubel spricht über den neuen Markenauftritt von Axe

Über Jahrzehnte war Axe der Duft, der Schulsport-Umkleiden erfüllte. Doch die Welt ändert sich, und das Versprechen der Marke, jede Frau zu betören, erscheint heute etwas altbacken. Darum will Unilever einer seiner wichtigsten Marken ein neues Image verpassen. Rik Strubel, Global Vice President von Axe, über die Herausforderung, eine in ihrem Klischee verfangene Brand neu aufzustellen.

Herr Strubel, „Der Duft, der Frauen provoziert“ – mit diesem Slogan ist Axe 1983 gestartet. Dazu gab es Werbung, in der Frauen wegen des „Axe Effekts“ reihenweise willenlos dahinschmolzen. Axe wurde auch durch die auffällige, laute Werbung zum Marktführer. Wieso positioniert Unilever die Marke nun radikal neu?

Wir haben festgestellt, dass AXE mit der Zeit an Relevanz in der Zielgruppe verloren hat, weil sich die Männer verändert haben, die Marke jedoch immer noch das gleiche Spiel gespielt hat wie vor zehn Jahren. Axe war die Marke, die jungen Männen beim Mating Game – dem Zeitraum vom Kennenlernen bis zu ersten Kuss – beiseite stand. Doch so frivol und lustig unsere Werbung und der Markenauftritt auch waren: Am Ende haben wir nicht mehr die Sprache gesprochen, die junge Männer heutzutage anspricht.

Wie sprechen die denn heute?

Um das herauszufinden haben wir über einen Zeitraum von anderthalb Jahren 3.500 junge Männer weltweit befragt. Wir wollten verstehen, was sie beschäftigt. Was passiert mit den Männern heutzutage?

Und?

Die Blickrichtung auf das Thema „Frau versus Mann“ hat sich fundamental verändert. Es ist wesentlich liberaler geworden und mit ihr das ganze Mating-Game. Besonders durch den technologischen Fortschritt – ich werfe jetzt mal Tinder in den Raum – hat das alles an Spice verloren.

Wieso das?

Man kriegt quasi keine offizielle Absage mehr, sondern nur noch Zusagen. Früher mussten Männer um die Frau werben – und in diesem bestimmten Moment war Axe dann da und hat den Jungs mit der „Magic in a bottle“ ausgeholfen und das nötige Selbstvertrauen gegeben. Diese ganze Szenerie hat sich nun sehr verändert und somit auch die Relevanz für das Produkt.

Mit welcher Strategie will Axe die Zielgruppe künftig erreichen?

Wir wollen Geschichten erzählen und Menschen portraitieren, die nah an der Zielgruppe sind. Und das ist quasi auch schon die Strategie dahinter. Relevante Dinge aus dem Alltag in einer Form so erzählen, dass sich die Leute darin wiederfinden.

Was heißt das konkret?

Auf der einen Seite wollen wir Mut machen auf den eigenen Stil und die Individualität zu vertrauen. Auf der anderen Seite haben wir eine ganze Reihe von Produkten entwickelt, die sich vom gelernten Axe-Portfolio unterscheiden. Wir haben zwar immer noch die Bodysprays, doch zusätzlich auch eine neue Range, die ein wenig erwachsener geworden ist und Jungs beim sogenannten Male-Grooming helfen sollen.

Axe bringt jetzt sogar ein gedrucktes Magazin heraus. Warum ausgerechnet Print, wenn man junge Männer erreichen will?

Wir haben uns angeschaut, an welchen Orten sich unsere Jungs aufhalten. Wo gehen sie shoppen? Wo lassen sie sich die Haare schneiden? Wo hängen sie ab? Das sind Momente, wo sie sitzen und warten – sei es auf Freunde oder auf den Termin. In dieser Empty Time kommt eine Zeitschrift sehr gelegen. Außerdem können die Jungs das Produkt anhand der Duftproben, die im Magazin enthalten sind, testen und entscheiden, welcher Duft ihnen am besten gefällt. Dieses Feeling kann man digital einfach nicht vermitteln.

Privat eher Print oder Digital?

Ich reise beruflich extrem viel, deswegen konsumiere ich da sehr gern zweigleisig – also beides. Ich bin auch ein großer Fan von lokalen Magazinen, je nachdem wo ich bin, nehme ich immer eins aus dem Land mit und lasse mich inspirieren.

Gibt es eigentlich einen alten Axe-Spot, der Ihnen heute peinlich ist?

Ich fand die Werbung immer cool. Es ging auch nicht darum, immer politisch korrekt zu sein, sondern darum, etwas zu machen, was Jungs bewegt. Deswegen ist mir keine Kampagne aus der Vergangenheit unangenehm oder so.

Die Konzernschwester Dove hat ja bereits eine krasse Neupositionierung erlebt. Tauscht man sich da aus?

Ich habe fünf Jahre auf Dove gearbeitet, ich kenne die Marke also sehr gut. Und prinzipiell leben wir ja in derselben Gesellschaft, aber Frauen betrachten bestimmte Aspekte der Gesellschaft anders als Männer. Doch klar ist, dass sich ein gesellschaftlicher Wandel vollzogen hat, der für beide Geschlechter eine große Rolle gespielt hat. Axe ist allerdings eine Marke bei der es stark um Ausdruck geht, darum sich darzustellen und dadurch sein Selbstvertrauen zu finden. Das ist bei Dove etwas anders. Dove ist eher intrinsisch, da geht es eher darum sich besser mit sich selbst zu fühlen. Wir tauschen uns regelmäßig mit dem Dove-Team aus und versuchen voneinander zu lernen. Aber wenn es um die Ideen und die Markendarstellung geht, liegen beide Marken doch recht weit auseinander.

Gibt es Vorbilder in der Werbebranche für Sie?

Die Repositionierung von Burberry. Die Marke kam komplett aus dem ausgepieften Großmutter-Background und hat sich dann als New-Fashion Marke etabliert. Burberry hat sich bereits sehr früh mit Social Media auseinandergesetzt und sich optimal digital aufgestellt. Sie hat sehr viel Pionierarbeit geleistet. Ansonsten find ich auch die Dove Werbung generell gut gemacht. Da gibt es kleine, sehr gut durchdachte Sachen.

Zum Beispiel?

Etwa diese Dove-Curl-Emojis (ein 2015 erschienenes Set mit Gesichtern, die Locken haben, was es bei Standard-Emojis nicht gab, Anm. d. Redaktion). Es müssen nicht immer die Riesen-Kampagnen sein. Das ist übrigens dann auch immer ein Zeichen dafür, dass Marketing-Leute verstanden haben, was in der Gesellschaft grade los ist – das ist für mich gutes Marketing.

Vielen Dank für das Interview.

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