Productivity & New Work Das Amt für unlösbare Aufgaben denkt in Heidelberg Bürokratie neu

Das Amt für unlösbare Aufgaben denkt in Heidelberg Bürokratie neu

Ein Gastbeitrag von Lin Franke

Können eine Theaterregisseurin, eine Musikmanagerin und ein Stadtentwickler etwas so Grundlegendes ändern wie den Verwaltungsapparat Deutschlands? Wie könnte die Behörde der Zukunft aussehen? Wie lassen sich kreative Prozesse und vorschriftsmäßige Strukturen verbinden?   Bedeutet weniger Bürokratie weniger Aufwand? Mehr Willkür? Mehr Freiheit? Oder mehr Freude?

„Ich kann auf das System nach 12 Uhr mittags nicht mehr zugreifen.“

An einem großen runden Tisch sitzen Leonie Pichler, Julia Wartmann und Matthias Burgbacher vom Amt für unlösbare Aufgaben, das sich diesen Fragestellungen annimmt. Das Lab ist Teil von Phase XI, einem Projekt, das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie finanziert und vom Kompetenzzentrum Kultur- und Kreativwirtschaft des Bundes umgesetzt wird. Darin beschäftigen sich Kultur- und Kreativwirtschaftler mit gesellschaftlich und wirtschaftlich relevanten Fragestellungen aus acht Themenfeldern – von Ernährung über Mobilität bis Ländlicher Raum. In Teams entwickeln sie Modelle und Prototypen, mit denen sie neue Perspektiven auf diese Fragestellungen bieten.

Credits: Ariane Kaiser

Dem Amt für unlösbare Aufgaben geht es nicht um Bürokratie-Abbau. Es geht auch nicht darum, aus zwei Formularen eines zu machen. Es geht nicht um E-Government, elektronische Datenverarbeitung oder den schlanken Staat, auch wenn es bereits Länder gibt, in denen die Steuererklärung 15 Minuten dauert oder die Wahl des neuen Premiers vom Handy aus getätigt werden kann. „Uns geht es darum, Routinen zu identifizieren und diese aufzubrechen“, erläutert Leonie Pichler, „Wenn die Bürokratie dadurch effizienter oder papierloser wird, ist das gut, aber sie soll dadurch auch menschlicher werden.“

„Ich habe nichts persönlich gegen Sie, ich mache hier nur meinen Job.“

Als Ort für dieses Experiment hat sich das Team Heidelberg ausgesucht. Die Stadt, die auf dem Weg zur Smart City ist und gerade die Finalrunde des Bitkom-Wettwerbs „Digitale Stadt“ erreicht hat, könnte ja dem Projekt gegenüber aufgeschlossen sein, dachten sie – und behielten recht. Die Stadt Heidelberg war von der Idee sogar so begeistert, dass sie kurzerhand ein Ämter-Team aufstellte, um gemeinsam handlungsfähig zu werden.

Als nächstes mussten sie sich einigen, welche Themen bei der Umsetzung symptomatisch in den Vordergrund treten sollten: Standesämter oder Zwischennutzung, Steuererklärung oder Skateparks, Obdachlosigkeit oder Parkmöglichkeiten? „Denn wenn es um bürokratische Veränderungen geht, also um die Verwaltung der Zukunft, dann wollen alle mitsprechen und die Diskrepanz zwischen dem Interesse des Gemeinwohls und dem des Individuums wird groß“, erläutert Matthias Burgbacher mit einem Augenzwinkern, und Leonie Pichler ergänzt: „Aber Mitsprache, Mitmachen und Bürgerbeteiligung sind gewollt.“ Auf der eingerichteten Webseite wurden deshalb denkwürdige Erlebnisse mit der Bürokratie aus ganz Deutschland gesammelt und Lösungen für spezielle Anliegen entwickelt. Eine davon: praxistauglichere Öffnungszeiten, z.B. für alleinerziehende Mütter und Väter, Langschläfer und Menschen, die täglich zur Arbeit pendeln müssen. Bei der kommenden „Langen Nacht der Bürokratie“ am 4. Oktober wird sich das Bürgeramt in der Heidelberger Altstadt um all ihre Belange probeweise bis spätabends 23 Uhr kümmern.

Und danach? „Danach treffen wir uns mit dem Heidelberger Oberbürgermeister Eckart Würzner, um weitere routinebrechende Wege zu erörtern.“, so Burgbacher. Das Treffen kam übrigens über die Heidelberger Online-Plattform zustande. Die Stadt ist also tatkräftig dabei, die Bürokratie in das 21. Jahrhundert zu holen. Wie es dem Amt für unlösbare Aufgaben gelingt, mit ihren Lösungen das Image des verstaubten Bürokratie-Apparates aufzupolieren, könnt ihr hier im Logbuch verfolgen.

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