Leadership & Karriere Crime: Graf Victor Lustig verkaufte alles – auch den Eiffelturm

Crime: Graf Victor Lustig verkaufte alles – auch den Eiffelturm

Der Sturz vom gefeierten Helden der Wirtschaft zum verurteilten Kriminellen kommt manchmal ziemlich abrupt. Doch nur weil ein Deal vielleicht nicht ganz legal war oder die Expansionsstrategie ein bisschen mafiös, bedeutet das ja nicht, das dahinter kein smarter Geschäftsmann gesteckt hat. Aus diesem Grund schicken wir in unserer neuen Reihe Business Punk Crime die Fälle berühmter Verbrecher in die Revision. Den Auftakt macht Victor Lustig.

Paris 1925. Die feine Pariser Gesellschaft ist sich uneins: Was tun mit dem Eiffelturm? Fast vierzig Jahre nach dessen Bau zur Weltausstellung weiß man nicht so recht wohin mit diesem Koloss aus Stahl. Abreißen oder renovieren? In den Cafés debattiert man leidenschaftlich die Pros und Contras. Auch ein gewisser Victor Lustig bekommt von der öffentlichen Aufregung Wind. Der notorische Betrüger und Hochstapler fasst einen so einmaligen wie gerissenen Plan. Es sollte der größte Coup in seiner Gauner-Karriere werden.

Kurze Zeit später erhalten fünf Schrotthändler aus Paris einen Brief vom Ministerium für Post und Telefonie. Sie trauen ihren Augen nicht. Tatsächlich ist darin die Rede vom bevorstehenden Abriss des Eiffelturms. Ihnen, den ehrenwerten Geschäftsmännern, biete sich dadurch ein einmaliges Geschäft: Der Ankauf und Verkauf von 7.000 Tonnen Altschrott. Der Verfasser des Schreibens, ein ranghoher Regierungsbeamter, bittet allerdings um allerhöchste Diskretion. Die Öffentlichkeit dürfe nichts von dem Vorhaben erfahren. Zu kontrovers sei das Thema, deshalb könne man sich auch nicht zu einem offiziellen Termin im Ministerium treffen. Der Beamte schlägt daher eine Unterredung in einem noblen Pariser Hotel vor. Unterzeichnet ist der Brief mit gefälschtem Stempel von einem Beamten, den es gar nicht gibt. Der Urheber: Victor Lustig.

Korruption macht glaubwürdig

Wenige Tage darauf treffen die fünf auserwählten Herren in dem schicken Hotel Crillon auf einen Mann im mittleren Alter. Victor Lustig gibt sich als Abteilungsleiter des Ministeriums aus. Er weiß wie man Eindruck macht: Er sprich fünf Sprachen fließend, stammt aus bürgerlichen Verhältnissen und hat vor vielen Jahren an der renommierten Sorbonne studiert.

Er führt die Händler in ein Hinterzimmer. Dort erfahren sie weitere Details: Den Regierungsauftrag erhalte derjenige, der das höchste Angebot abgibt. Um der Sache mehr Glaubwürdigkeit zu verleihen, lädt Lustig die Interessenten zu einer anschließenden Besichtigung des Kaufobjektes ein. Während sie den Eiffelturm umkreisen, glänzt der falsche Beamte mit Fachexpertise. Um das ideale Opfer ausfindig zu machen, bittet Lustig jeden Unternehmer anschließend zum persönlichen Gespräch. Die Wahl fällt schnell auf einen Geschäftsmann, der nur allzu offensichtlich nach Anerkennung und Ruhm durch solch ein Prestigeprojekt strebt. Gier macht eben unvorsichtig.

Doch der besagte Unternehmer wittert Betrug, das kann Lustig in seinem Gesicht lesen. Er vereinbart also eine weitere Unterredung mit ihm und zaubert ein zusätzliches Mittel der Manipulation hervor: Lustig beklagt sich über die schlechten Verdienstmöglichkeiten als Beamter. Man leiste so viel für den Staat und bekomme kaum etwas zurück. Dem Schrotthändler geht schnell ein Licht auf: Hier erhofft sich jemand Schmiergeld. Das beseitigt bei ihm alle Zweifel – Korruption macht scheinbar glaubwürdig. Nur ein paar Tage später erhält Lustig den heiß begehrten Scheck. Im Gegenzug empfängt der Schrotthändler einen falschen Vertrag mit einem Abrisstermin, der weit in der Zukunft liegt – Lustig hat also alle Zeit der Welt, um sich aus dem Staub zu machen.

Was wie eine Episode aus einer Gangster-Serie klingt, ist ein kluger und durchdachter Schachzug gewesen, denn Lustig war ein Betrüger mit Köpfchen. Er selbst hat im Laufe seines Lebens zehn Regeln aufgestellt, um Menschen gekonnt zu manipulieren.

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Diese Gebote hatte Lustig so gekonnt angewendet, dass er sein Meisterstück ein weiteres Mal wiederholen konnte. Der Graf, wie er sich selbst nannte, kehrte nur wenige Wochen nach dem ersten Verkauf des Eiffelturms nach Paris zurück und suchte erneut willige Schrotthändler auf, denn: Der betrogene Unternehmer aus dem ersten Deal erstattete, wohl aus Scham, nie Anzeige. So konnte Lustig seinen irrwitzigen Coup wiederholen. Diesmal meldete sich der hintergangene Händler jedoch bei der Polizei – Lustig musste türmen und setzte sich in die USA ab.

Ein Aristokrat lügt nicht

Der Mann, der den Eiffelturm verkaufte – so sollte Lustig der Nachwelt in Erinnerung bleiben. Aber dieser Akt war nur der Höhepunkt einer langen Karriere als Berufsverbrecher. Lustig kam 1890 in der böhmischen Kleinstadt Arnau (heute Tschechien) zur Welt. Mit 18 Jahren landete er wegen Diebstahls zum ersten Mal hinter Gittern. Dann ein zweites, ein drittes, ein viertes Mal – und so weiter und so weiter. Obwohl er aus gutem Hause stammte und eine gute Ausbildung genoss, zog es ihn wie einen Süchtigen in die Unterwelt der Gauner und Halunken.

Vor Ausbruch des ersten Weltkrieges knüpfte er wohlhabenden Kreuzfahrtgästen Geld beim Kartenspielen ab. Damals legte sich Lustig die falsche Identität als reicher österreichischer Graf zu. Das aristokratische Gehabe gefiel ihm. Als falscher Adel imponierte er den Leuten und außerdem würde ein Ehrenmann niemals betrügen – oder etwa doch?

Nach dem Krieg zog es ihn in die USA, wo er viele Jahre später ein weiteres Meisterstück der Manipulation vollbrachte. Diesmal knüpfte er sich den berühmtesten Verbrecher aller Zeiten vor: Al Capone.

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