Leadership & Karriere Capital C: Die Crowd ist immer schlauer

Capital C: Die Crowd ist immer schlauer

Kühlboxen mit integriertem MP3-Player, Bierflaschenüberzieher mit Native-Muster, handgeschneiderte Jeans – Crowdfunding bedient ­Nischen und ist für viele schon lange Geldquelle Nummer eins

Herr Kundinger, die Natur der Sache will es, dass Ihr Film „Capital C“ mittels Crowdfunding finanziert wurde. Wie gut hat das geklappt?

2012 war ein Crowdfunding-Ziel von 80 000 Dollar noch eine ehrgeizige Nummer. Wir waren froh, dass wir mit unserer Kampagne bei The Next Web und anderen Medien stark vertreten waren. Aber: Die Kampagne war anfangs zu wenig emotional aufgebaut. Erst als wir anfingen, unsere Protagonisten näher vorzustellen, und diese ihren Fans wiederum selbst von unserem Projekt erzählten, kam es ins Rollen. Plötzlich hatten wir einen emotionalen Anker.

Wie groß ist der Einfluss der Geldgeber auf strategische Neuausrichtungen der Kampagnen?

Wenn nicht genug reinkommt, dann setzt du vielleicht noch einmal neu an. Beispiel Daniel Lieske, der mittlerweile von seinen Kampagnen lebt: Er macht einen der erfolgreichsten Webcomics Europas, hatte aber bei seiner zweiten Crowdfunding-Kampagne viel mehr Schwierigkeiten als bei seiner ersten.

Und da hat er die Unterstützer gefragt?

Die haben ihm bewusst gemacht, dass seine Pledges, die er als Dankeschön ausgeben wollte, einfach an seiner Fanbase vorbeigehen. Die wollten etwas ganz Persönliches von ihm. Er hat dann neue, persönliche Rewards wie Zeichnungen mit Widmungen eingeführt, dann lief es rund. Und solche Beispiele gibt es viele.

CAPITAL C - Bild 07 - ZACH CRAIN

Aus welchen Teilen der Erde kam das Geld für den Film? 

Das zweitmeiste Geld kam aus Deutschland. Hier hatten wir Leute, die für uns getrommelt haben. Aber 2012 kannte in Deutschland kaum einer das Konzept, in den USA waren Kickstarter und Crowdfunding hingegen schon einigermaßen bekannt. So haben wir natürlich in den USA mehr holen können. Am Ende waren es dann aber doch Unterstützer aus 24 Ländern.

Ein Zitat aus „Capital C“: „Crowdfunding ist der größte Paradigmenwechsel seit der Industriellen Revolution.“

Das stammt von MIT-Professor Eric von Hippel. Der Mann analysiert das Phänomen seit über 30 Jahren. Er sagte damals schon: „Das wird die Zukunft werden.“ Und man hat ihn verlacht und als Spinner abgetan. Dabei war er einer der größten Visionäre, der schon immer gesagt hat: „Innovation wird in Zukunft von den Usern ausgehen.“ Und das ist die größte Veränderung, die wir auf industrieller Seite in den letzten Jahrzehnten beobachten konnten. Produkte erobern den Markt, die in einer Firma mit dem Blick auf den Massengeschmack niemals hätten umgesetzt werden können. Es entstehen besondere Sachen.

Die unsichtbare Hand der Crowd sorgt für das Besondere?

Absolut! Aber Crowdfunding ist eigentlich falsch betitelt. Viele assoziieren damit den Trugschluss, dass es einzig und allein ums Finanzieren gehe. In Deutschland gab es anfangs Feedback: „Ihr wollt doch bloß Geld damit verdienen.“ Äh, ja. Sorry, gab es ein Missverständnis? Darum geht es. Es ist nichts Schlimmes, mit seiner Leidenschaft Geld zu verdienen, das muss man manchen Menschen aber erst vermitteln. Wenn du aber eine Kampagne machst, wirst du schnell feststellen, dass du mit einer Vielzahl an Menschen im Dialog stehst und deswegen permanent an deiner Idee feilst und arbeitest, damit du das Feedback einfließen lassen kannst.

So wie Brian Fargo, den Sie im Film begleiten?

Genau. Der macht seit 30 Jahren Computerspiele und weiß eigentlich, wie das funktioniert. Selbst er steht im ständigen Austausch mit seiner Crowd und wird davon auch gar nicht mehr loskommen. Er sagt, dass dieser Weg wesentlich bessere Produkte bringt. Die Crowd ist immer schlauer als dein Team aus zwei, drei oder auch zwei Dutzend Leuten. Es gibt immer Leute in der Crowd, die etwas besser wissen als du – du musst nur zuhören. Und: Zumindest anspruchsvolle Kunden werden künftig nichts mehr wollen, was am Reißbrett fürs Regal entworfen wurde.

Emotional behaftete Produkte kann man nur zusammen mit der Crowd entwickeln?

Die Reißbrett-Methode ist tot. Du musst heute die Mündigkeit von Künstlern wie auch von Konsumenten bedenken. Heute entscheidet die Crowd darüber, was erfolgreich wird und was nicht. Früher hat sich Durchschnittlichkeit durchgesetzt, heute ist es das Besondere. Früher undenkbar, aber du kannst heute mit deinen Ideen tatsächlich gegenüber Großkonzernen bestehen.

https://www.youtube.com/watch?v=3yQ72rOIjhU

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