Green & Sustainability Ghosting mal anders: Ein Besuch bei Keatz – im virtuellen Restaurant ohne Gäste

Ghosting mal anders: Ein Besuch bei Keatz – im virtuellen Restaurant ohne Gäste

In der Küche von Keatz werden Speisen so konzipiert, dass sie auch nach 15 Minuten Lieferung den Crunch behalten. © Keatz

Aber was macht gutes Lieferessen aus und wie unterscheidet sich ein Keatzscher Burrito von anderen? „Der normale Burrito ist darauf aufgelegt, dass du ihn sofort isst – aber niemand hat darüber nachgedacht, wie er schmeckt, wenn er 15 Minuten auf dem Fahrrad war und erst dann beim Kunden ankommt“, sagt Paul. Hier setzen sie an und überlegen also, wie man trotz des Fahrradweges dieselbe Temperatur erreichen könne – oder mit welchen Tricks lässt sich geliefertes Essen optimieren? „Normaler“ grüner Salat sei beispielsweise im Restaurant okay, bei einer Lieferung sieht es anders aus, da werde er matschig und zäh. Deswegen müssen bei Keatz andere Zutaten verwendet werden: festere Salatsorten, die den Crunch beibehalten, auch wenn sie in Deliveroo-Taschen eingepackt, durch die Gegend und in verschiedene Stockwerke geschleppt werden. Investieren muss Keatz deswegen auch in Verpackungen: bevorzugt Bagasse, gepresstes Zuckerrohr, komplett kompostierbar. Damit werden auch Plastikmüllberge gemieden.

Nach dem eigenen Konzept gefragt, weist Dimi auf eine Studie der Investmentbank UBS hin, die den recht plakativen Titel „Ist the kitchen dead?“ trägt: Schon in rund zehn Jahren würden Menschen nicht mehr zu Hause kochen, lautet die These. Dimi zieht den Vergleich in die Fünfzigerjahre, in denen es auch normal gewesen sei, Klamotten selbst herzustellen. „Aus heutiger Sicht ist das absurd. Vielleicht erleben wir beim Essen eine ähnliche Entwicklung, weil der Grad der Convenience viel höher ist, Essen zu bestellen.“ Er spielt auf immer bessere Qualität, günstigere Preise, schnellere Geschwindigkeiten an. Selbst zu kochen, lohne sich da in vielen Fällen nicht mehr. Für Keatz hat diese Art von Kundschaft viele positive Vorteile: Ein virtuelles Restaurant zu betreiben, heißt auch, nicht von Laufkundschaft abhängig zu sein, auf die viele Restaurants zum Großteil setzen müssen. Und muss man keinen Gastraum dekorieren, schmücken und herrichten, fällt auch die Raummiete weg. Der Standort ist somit weniger wichtig.

Bestellungen kommen über kleine Bildschirme rein © Keatz

In der Küche von Keatz hängen für die verschiedenen Marken mehrere Bildschirme, die jeweils anzeigen, welche Bestellungen eingegangen sind. Von einer Person werden sie gelesen, von anderen ausgeführt. Für jedes Gericht gibt es noch einen Extra-Ausdruck auf Papier, der jeweils feinsäuberlich über den Arbeitsflächen hängt. Spezielle Öfen sorgen dafür, dass der Burrito auch wirklich in vier Minuten fertig ist – und Timing muss sein, wenn man sich auf Lieferessen spezialisiert hat. Wie lange man von A nach B braucht, wird von Zeit zu Zeit persönlich getestet. Ob und wie das Essen geschmeckt habe, kriegen die beiden erst über die Lieferdienste mit. Dort können die Kund*innen bewerten, wie ihnen ihr Besuch bei Keatz gefallen hat. Nur mit den Reklamationen sieht es dann schwierig aus. Von Zeit zu Zeit bestellen auch Unternehmen für die komplette Kompanie: 80 Burritos seien keine Seltenheit, sagt Dimi. Manchmal mit Vorlauf bis zum nächsten Tag, manchmal heißt es aber auch: Lieferzeit: sofort.

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