Productivity & New Work Justizministerin legt Gesetzestext in generischem Feminimum vor – das Bundesinnenministerium reagiert empört

Justizministerin legt Gesetzestext in generischem Feminimum vor – das Bundesinnenministerium reagiert empört

Wir schreiben das Jahr 2020: Bundesjustizministerin Christine Lambrecht legt einen Referentenentwurf zum Sanierungs- und Insolvenzrecht vor, geschrieben im generischen Femininum. Skandal!

Die Folge? Aufschrei, Bestürztheit, Ablehung: Das Bundesinnenministerium hat Widerspruch eingelegt und den Entwurf gestoppt, bevor er überhaupt erst rechtlich geprüft und abgeschlossen worden war. Der Referentenentwurf ist das erste Stadium eines Gesetzes.

Aber allein die durchweg weiblich genutzte Sprachform war schon verfassungsrechtlich denkwürdig.

So will es das Gesetz

Die Begründung: Gesetzesentwürfe im generischen Femininum hätten „bei formaler Betrachtung zur Folge, dass das Gesetz gegebenenfalls nur für Frauen oder Menschen weiblichen Geschlechts gilt und damit höchstwahrscheinlich verfassungswidrig wäre“, wie ein Sprecher von Seehofer bei einer Bundeskonferenz sagte.

Dieser sagte auch, dass das generische Maskulinum für Menschen männlichen und weiblichen Geschlechts anerkannt sei.

In den Leitlinien zur Formulierung von Gesetzen ist die männliche Form für beide Geschlechter vorgeschrieben, wenn das Geschlecht für das Gesetz keine ausschlaggebende Rolle spielt. Ein generisches Femininum sei hingegen sprachwissenschaftlich nicht anerkannt. Es schließe nicht männlich und weiblich mit ein. Daran ist wissenschaftlich so einiges falsch.

Es gibt kein generisches Maskulinum

Der Vorfall löst eine Debatte um den deutschen Sprachgebrauch aus. Während manche Frauen auf Twitter ironisch anmerken, dass die bisherigen Gesetze dann ja jetzt nicht für Frauen gelten würden, gibt es auch Stimmen, die kritisieren, dass Frauen und andere gesellschaftliche Gruppen wieder mal nur „mitgemeint“ werden.

https://twitter.com/ohhellokathrina/status/1315942990897180672

Natürlich gibt es auch welche, die den Vorfall als übertrieben empfinden und die maskuline Form als Neutrum wahrnehmen.

Auch der Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch meldet sich auf Twitter zu Wort und macht deutlich, dass es wissenschaftlich gesehen kein generisches Maskulinum gibt.

Seehofers Sprecher liegt mit seiner Aussage deutlich daneben. Die männliche Form ist einfach nur historisch bedingt seit langem gesellschaftlich anerkannt und pure Gewohnheit – sonst nichts.

Da sich die Zeiten aber ändern und mit ihnen auch die Sprache, könnte man sich ja auch einfach angewöhnen, alle Menschen sprachlich miteinzubeziehen, auch nicht-binäre Personen.

Der Vorfall zeigt: Es ist noch viel zu tun, denn der Entwurf wurde wieder geändert und in die männliche Form gesetzt.

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