Leadership & Karriere Wie zwei Frauen auf Rollern Kairos Straßen erobern und dabei gegen Gender-Stereotype ankämpfen

Wie zwei Frauen auf Rollern Kairos Straßen erobern und dabei gegen Gender-Stereotype ankämpfen

Es gibt noch einen zweiten Ansporn hinter Dosy: per Verkehrsmittel ohne Emissionen die Luftverschmutzung in Megastädten wie Kairo und Alexandria zu reduzieren. „Vor allem zur Rushhour morgens und abends ist die Belastung furchtbar“, sagt Menna Farouk. „Deswegen wollen wir Menschen dazu bringen, vom Auto auf einen E-Roller oder aufs Fahrrad umzusteigen“, erklärt Menna Farouk.

Zahlen, die eine mögliche Veränderung der Luftverschmutzung zeigen, gibt es natürlich noch nicht, dazu ist die Idee zu neu und noch nicht verbreitet genug. Aber in einer Zeit, in der sich jede Metropole der Erde Gedanken um Lösungen im Verkehrssystem macht, sollte der Ansatz von Dosy in Ägypten nicht lange unbemerkt bleiben. Jedenfalls nicht, wenn die Verantwortlichen es ernst meinen.

Über Dosy ausgebildete Fahrerinnen sollen als Lieferantinnen arbeiten © Dosy

Und Menna und Nouran Farouk wollen mit ihrem Startup einen noch viel größeren Impact haben: Bald soll es über die Plattform auch einen Lieferservice geben. Frauen, die Fahrrad oder Roller fahren gelernt haben und einen Führerschein besitzen, sollen im Anschluss Restaurants, Buchhandlungen und Coffeeshops beliefern und so Teil der Wirtschaft werden. „Wir sind dabei noch in der Anfangsphase“, sagt Menna Farouk. „Wir wissen noch nicht genau, wie wir es angehen, weil einige Frauen Angst haben, Produkte an Männer auszuliefern.“

Für den Service schließt Dosy Partnerschaften mit verschiedenen Anbieter*innen ab, deren Produkte die Frauen ausliefern. Das Ziel ist auch hier groß gefasst: mehr Arbeitsplätze für Frauen schaffen und die Stereotype in der Gesellschaft aufbrechen. Nur sind sich beide bewusst, dass es mehr braucht als zwei motivierte, junge Frauen und ihr Startup.

Die Schwestern verlangen deshalb von der Politik und Gesellschaft in Kairo mehr Investitionen in den Straßenverkehr. Sie fordern organisierte und sichere Straßen, auf denen Frauen sich nicht fürchten müssen, Roller oder Fahrrad zu fahren. Ihre Idee: eigene Straßen oder Gassen, die Rollern und Fahrrädern vorbehalten und für den Autoverkehr gesperrt sind.

Die Ideen der Farouk-Schwestern haben in Ägypten viel Aufmerksamkeit bekommen. Vor allem, weil es ihnen gelungen ist, über Social Media immer wieder Debatten anzustoßen. Mittlerweile erreichen sie damit jeden Tag Tausende Menschen. In den letzten Monaten hat das Startup vor allem auf Instagram an Follower*innen gewonnen. Hilfreich war dabei auch, dass sich Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens zu Wort melden. Vor allem Schauspielerinnen und Influencerinnen aus dem Nahen Osten haben sich eingeschaltet und mit ihrer Reichweite auf Dosy aufmerksam gemacht.

Dosy selber hat mit knapp 40000 Followern über Instagram die Möglichkeit, eine Debatte mitzuprägen. Daran arbeiten die Schwestern jeden Tag. Mittlerweile haben sie sogar internationale Follower*innen, darunter aus Indien, Brasilien und den USA. Ihre Mission: Ende nächsten Jahres die 100000 auf Instagram knacken. Darüber hinaus will Dosy Anfang nächsten Jahres auf Twitter setzen – und auf Tiktok. Hier hat jemand die Kernzielgruppe verstanden.

Ägypten ist nur der Anfang

Dass Accounts aus dem gesamten Nahen Osten schon jetzt mit Dosy interagieren, kommt den Farouk-Schwestern sehr gelegen. Die beiden wollen natürlich nicht nur online ihren Footprint vergrößern, sondern auch mit Filialen in der ganzen Region. Der Plan: zuerst in andere Städte im Südwesten von Ägypten expandieren und dann weiter in die Golfstaaten und Asien.

Wenn es dann so weit ist, kann Menna Farouk sich auch vorstellen, ihr Dasein als Journalistin hinter sich zu lassen und sich nur noch auf Dosy zu konzentrieren: „Momentan ist das Startup mein Hobby und meine Leidenschaft, aber wenn Dosy mich Vollzeit braucht, dann werde ich da sein“, sagt sie.

Wie groß der Impact der beiden Schwestern dann wirklich sein wird, wird sich also in den nächsten Jahren zeigen. Doch die Idee ist in ihren einzelnen Stufen schon faszinierend nachzuvollziehen: von Fahrradstunden über Rollerunterricht hin zu mehr Gleichberechtigung der Geschlechter, mehr Sicherheit, einer nachhaltigeren Verkehrssituation – und nicht zuletzt der Chance, mit dieser Idee nicht nur den Heimatmarkt zu verändern.

Vielleicht kommt den Schwestern auch ein Blick in die Vergangenheit zugute. Denn im ersten Schritt kamen Revolutionen nie laut daher. Sondern in Gedanken, die sich fest- und fortsetzen und verändern. In diesem Fall kommt diese Veränderung tatsächlich erst einmal lautlos daher: auf emissionsfreien Fahrrädern und E-Rollern.

Gründerin Menna Farouk jedenfalls lässt die vergangenen Monate kurz Revue passieren und ist durchaus zuversichtlich: „Wir sehen in Kairo immer mehr Frauen auf den Straßen, die Roller fahren, und das ist auf jeden Fall auf uns zurückzuführen.“

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