Personal Finance „Papierdokumente wie Bargeld sind nicht mehr zeitgemäß“

„Papierdokumente wie Bargeld sind nicht mehr zeitgemäß“

Was ist denn die größte Wissenslücke?

Meier-Holsten: Es fängt bei so Standard-Sachen an wie: Was ist der Unterschied zwischen einer Debitkarte und einer Kreditkarte? In Hinblick auf die unterschiedlichen Formfaktoren wie Smartphone und Smartwatch, fragen sich manche Menschen, wie die Karte ins Handy kommt? Das war vor zwei Jahren noch eine klassische Frage.

Auch die Sicherheit ist ein ganz großes Thema. Viele lehnen mobiles Bezahlen vor dem Hintergrund ab, weil sie denken es sei nicht sicher, ohne Informationen darüber zu haben. Gleichzeitig ist vielen die Token-Technologie kein Begriff. Dabei wird anstelle der echten Kartennummer eine Art „Pseudo-Kreditkartennummer“ generiert, ein sogenannter Token. Jeder dieser Token wird individuell erstellt und ist an ein einziges Gerät gebunden. Demnach kann niemand anderes diesen Token nutzen. Bei jeder Zahlung mit dem Handy werden an das Bezahlterminal ausschließlich Zahlungsdaten übermittelt – darunter der erwähnte Token.

Apropos Sicherheit: Auf dem Smartphone befinden sich Apps wie Google oder Facebook. Ich kann mir vorstellen, dass viele Angst haben, dass diese Apps auch das Bezahlverhalten tracken.

Meier-Holsten: Das ist die typsiche Datenschutzdiskussion, die es in unserer Gesellschaft gibt und die auch berechtigt ist. Deshalb muss man aber auch mit gewissen Vorurteilen aufräumen, um diese Angst zu nehmen.

Thelen: Es gibt zwei große mobile Betriebssysteme. Über die APIs, also die Application Programming Interfaces, ist geregelt, auf welche Daten Zugriffe gemacht werden können.

Wenn man mit der Smartwatch oder dem Smartphone bezahlt, muss man auf die jeweiligen Betriebssysteme vertrauen.

Da haben wir aber eine gute Basis, weil Apps nicht mehr einfach Daten untereinander austauschen können, ohne dass User*innen darüber informiert werden. Deswegen muss man in meinen Augen keine Angst haben, wenn man zum Beispiel Google Maps verwendet, dass die App auf die Bezahlmethoden zugreifen kann.

Es gibt Momentan ja viele Debatten rund um Digitalisierungsprozesse. Welche Erkenntnisse ziehen Sie daraus?

Thelen: Auf Basis der Digitalisierung kann man Handelsgeschäfte effizienter weiter entwickeln. Immer wenn man einen analogen Baustein hat, ist man begrenzt. Deswegen brenne ich dafür, dass man Papier abschaffen soll. An jedem Punkt, an dem jemand etwas abtippen muss, ist es ein Widerstand und eine Stelle, an der ein Geschäft nicht skalieren kann. Deswegen hoffe ich, dass wir diesen Schwung durch Corona weiter behalten und in Zukunft noch stärker digitalisieren.

Wie würde für Sie die optimale Zukunft der Digitalisierung aussehen? 

Thelen: Für mich ist Digitalisierung die Basis, um in die nächste Generation zu kommen. Wenn man nicht digitalisiert, dann wird man die ganzen Entwicklungen, die jetzt kommen, nicht mehr mitnehmen können. Die sind inkompatibel mit der analogen Welt. 3D-Druck, künstliche Intelligenz, Interface der Sprache: Die basieren alle darauf, dass das Kerngeschäft digitalisiert ist.

©Frank Thelen / frank.io 

Digitalisierung ist also nicht ein Thema, das man irgendwie mal machen sollte, sondern, das man machen muss, wenn das Unternehmen eine Zukunft haben soll. Davon bin ich zu 100 Prozent überzeugt.

Wir müssen diesen Schritt machen in Deutschland, auch wenn wir das alte Geschäft noch haben. Wir haben so viel Papier, weil wir über Jahrzehnte Weltmeister im Ausdrucken und Abheften geworden sind, sodass wir unsere ganze Organisation nicht digitalisiert bekommen. Aber das muss passieren, auch mit Bezahlströmen, damit das Geschäft skalierbar wird.

Womit können wir in Zukunft zahlen? In welche Richtung entwickelt sich die Technologie?

Thelen: Wir werden mehr biometrische Verfahren haben, beim Bezahlen. Sei es der Fingerabdruck oder sei es der 3D-Scan, der das Gesicht erkennt.

Das Zweite ist: Wir als Menschheit wollen mit den Systemen interagieren. Noch müssen wir mit dem Daumen auf unserem Smartphone herumtippen. In Zukunft werden wir direkt mit der Cloud verbunden sein. Sodass man direkt mit dem Gehirn lesen und schreiben kann. 

Wie könnte das genau aussehen?

Thelen: Was zu 100 Prozent kommen wird, ist der App Store im Gehirn. Das wird erst im medizinischen Bereich angewendet, beispielsweise dass man Impulse geben kann, um Fehlfunktionen im Rückenmark zu korrigieren.

Die Verbindung zwischen der Cloud, also irgendwelchen Daten, und unserem Körper wird kommen. Wir müssen uns damit wohlfühlen, müssen über diese emotionale Hürde hinweg und müssen das auch sicher regulieren. Aber am Ende des Tages werden – hoffentlich im Guten – Mensch und Maschine näher aneinanderrücken. Das ist aber noch einige Jahrzehnte entfernt.

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