Innovation & Future Versteckte Botschaften: Dieses Startup erweckt Oberflächen mit Augmented Reality  zum Leben

Versteckte Botschaften: Dieses Startup erweckt Oberflächen mit Augmented Reality zum Leben

Schon im September 2018 brachten Gottschalk und Owiesniak eine erste Version von Getbaff auf den Markt. Die ersten Projekte bestanden darin, Speisekarten und Magazine erlebbar machen. 2019 konnte Getbaff dann Vodafone als ersten großen Partner gewinnen, es folgten Edeka und Stabilo.

Im Dezember 2019 stand im Rahmen des Förderprogramms German Accelerator eine Reise ins Silicon Valley auf dem Programm. „Das war eine Bombenzeit für uns“, sagt Gottschalk. Denn: Durch das gewonnene Netzwerk konnte Getbaff wenig später die erste Investitionsrunde in Deutschland abschließen. Mittlerweile sitzt das Team am Rathausufer in Düsseldorf und kann weiter große Player als Partner:innen gewinnen.

Auch die Technik entwickelt sich: Heute erkennt die Software nicht nur glatte, sondern auch zylinderartige und konische Oberflächen. Gottschalk und Owiesniak schaffen so eine außergewöhnliche Experience für die Verbraucher:innen. An ganz unterschiedlichen Stellen: auf der Straße, im Restaurant, im Supermarkt oder zu Hause. „Es soll an jeder Stelle im Alltag einen Mehrwert geben“, sagt Gottschalk.

Die Milchtüte, die spricht

Dafür hat Getbaff Ende letzten Jahres eine erste Kooperation mit Tetra Pak gestartet. Die Idee: analoge Verpackungen im Supermarkt erlebbar machen. „Bei Verpackungen gibt es ein großes Platzproblem. Die vorgeschriebenen Informationen, Inhaltsstoffe und das Logo der jeweiligen Marke nehmen viel Platz ein“, sagt Gottschalk. Zum Beispiel die Milchtüte: Auf dem Karton finden sich Inhaltsstoffe, Nährwerte, Kalorien und Infos zur Herstellungsfirma. Doch woher kommt die Milch? Wie schafft sie es von der Kuh auf der Weide in den Supermarkt? Gerade in Zeiten, in denen Transparenz und Nachhaltigkeit immer wichtiger werden, relevante Fragen!

Getbaff könnte über AR den Verbraucher:innen die Hintergründe zum jeweiligen Produkt liefern. Und es gibt auch einen Mehrwert für die Produzent:innen: „Wie oft hat man einen Milchkarton in der Hand?“, fragt Gottschalk sich. „Vom ersten Kontakt im Kühlregal bis zur Entsorgung extrem oft. Wenn die Kund:innen wissen, dass sie nur ihr Handy auf den Karton halten müssen und so weitere Infos zum Produkt bekommen, ist die Chance sehr hoch, dass sie das immer wieder machen werden.“

Für Unternehmen würde das bedeuten: Durch die Lösung von Getbaff könnte die Zeit der Konsument:innen mit dem Produkt wachsen. Auch die Qualität der Beratung. Auf der Kärntnermilch in Österreich funktioniert Getbaffs Technologie schon, weitere Produkte sind in Planung.

Das Beispiel des Milchkartons zeigt auch: Getbaff will seine Technologie so nah wie möglich an die Konsument:innen bringen. Dafür konnte das Düsseldorfer Startup mittlerweile weitere Partner:innen gewinnen, etwa die Deutsche Post. Seit einigen Wochen macht Getbaff verschiedene Werbeanzeigen für den Briefkasten erlebbar und erreicht so wöchentlich rund 20 Millionen Haushalte. Insgesamt konnten Gottschalk und sein Team bisher rund 60 Kund:innen gewinnen, auch den Fastfood-Riesen Burger King.

„Heutzutage geht es um Emotionen.“

Doch, natürlich: Das Düsseldorfer Startup hat es im AR-Markt nicht leicht. Schließlich arbeiten seit dem Hype um „Pokémon Go“ die größten Techplayer der Welt an ihren AR-Anwendungen. Gottschalk bezeichnet Getbaff dennoch als „einzigartig“. Aus zwei Gründen: Zum einen hat das Startup erfolgreich ein B2C-Modell auf den Markt gebracht, etwa mit Hochzeitseinladungen mit Getbaff-Effekt. Auf einer Homepage können die Kund:innen ihre Einladung, die sie erlebbar machen wollen, und das dazugehörige Video hochladen. Innerhalb von 48 Stunden erhält man die Einladung zurück und kann sie an seine Gäste rausschicken.

„Heutzutage geht es um Emotionen. Mit unserer Lösung schaffen wir es, Emotionen in unseren Kund:innen zu wecken“, sagt Gottschalk. Den B2C-Bereich sieht er als Chance, sich von den anderen Augmented-Reality-Anbietern im Markt abzuheben.

Das zweite Alleinstellungsmerkmal, das Gottschalk sieht: das Software Development Kit, kurz SDK. Das heißt, dass größere Player, die eigene Apps haben, künftig auch auf Getbaff zurückgreifen können. Getbaffs erster Kunde mit dem SDK war etwa der neu ausgerichtete Wettbewerb zur Miss Germany, bei dem es um Women Empowerment geht. Nach Miss Germany folgte vor Kurzem der zweite große Kunde: die Umweltschutzorganisation Sea Shepherd. „Die meisten Unternehmen machen es mit der eigenen App und versuchen, den Traffic auf diese App zu lenken. Aber das wird sich mittelfristig nicht durchsetzen, wenn man die Technologie nicht auf die breite Masse verteilt. Das schafft nur ein Marktplayer mit mehreren Millionen Nutzer:innen“, sagt Gottschalk.

Die Ziele von Gottschalk und Owiesniak sind ambitioniert: „Unser Ziel ist es, bis 2022 50 Kund:innen für das Software Development Kit zu gewinnen.“ Außerdem will das Düsseldorfer Startup den B2C-Bereich ausbauen. Und wie sieht es nach 2022 aus? „Der langfristige Step ist es natürlich, nicht nur in Deutschland auf dem Markt zu sein, sondern überhaupt in Europa und auch in Amerika“, sagt Gottschalk.

Was aber fesselt den ehemaligen Grundschullehrer genau an Augmented Reality, wenn die Verbreitung der App von etablierten Playern mit Reichweite abhängt? „Es wird immer Leute geben, die etwas haptisch in ihren Händen halten wollen. Durch Augmented Reality wird dieses Halten jedoch erst zum Erlebnis“, sagt Gottschalk.

Gottschalk sieht in Augmented-Reality-Produkten einen Milliardenmarkt, ist sich jedoch der Herausforderung bewusst: „Die Technologie ist heute schon total weit, aber die Kund:innen auf der Straße sind noch längst nicht. Diese Lücke müssen wir schließen.“ Deshalb hat sich das Startup vorgenommen, den Kund:innen zu zeigen, dass „Getbaff ein Erlebnis im Alltag schafft, vor dem man nicht die Augen verschließen sollte“. Gottschalk ist optimistisch: „Für mich fühlt sich Augmented Reality etwas an wie bei ,Terminator‘. In naher Zukunft werden wir alle eine Linse im Auge haben, die uns mehr Informationen liefert.“

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