Life & Style „Ich vergleiche das gerne mit dem Bitcoin-Rausch“ – der Gründer von 7 Perplex im Interview

„Ich vergleiche das gerne mit dem Bitcoin-Rausch“ – der Gründer von 7 Perplex im Interview

Was sagen die Hersteller:innen selbst zum Zweitmarkt?

Richtig cool finden die das wohl nicht. Wer die Schuhe wirklich selbst haben und tragen will, lauten meist die offiziellen Statements, soll auch welche bekommen können. Da muss aber dann die Frage erlaubt sein, warum bestimmte Sneaker so stark limitiert sind. Wer das Angebot strikt klein hält, der provoziert bewusst oder unbewusst, dass die Preise auf dem Zweitmarkt steigen.

Ein Nebeneffekt ist auch, dass der Hype die Marken mit Begehrlichkeit auflädt und mancher, der keinen Sneaker ergattern konnte, dann etwas anderes des gleichen Unternehmens kauft. Ob gewollt oder nicht, die Marketingstrategie geht somit auf. Rein EU-rechtlich ist dem ohnehin nicht beizukommen. Anders sieht es natürlich aus, wenn jemand etwas von Fabriken abzweigt oder wir von Fälschungen reden.

Zu welchem Modell raten Sie beim Aufbau einer Sneakersammlung?

Aktuell ist Nike schon die Vorreitermarke, das muss man einfach sagen. Die machen die besten Kollaborationen, beispielsweise mit Virgil Abloh, der Off-White gegründet hat und Creative Director von Louis Vuitton ist. Alles Marken, die extrem angesagt sind, was dann auf Schuhe wie den Jordan 1 High Off-White Chicago abstrahlt. Der hat 180 Euro im Laden gekostet und wird bereits mit bis zu 5 000 Euro gehandelt.

Oder die Zusammenarbeit zwischen dem Rapper Travis Scott und Nike. Der Rapper hat Projekte mit McDonald’s und „Fortnite“. Alles Themen für die Generation bis 20, die dann auch Schuhe wie den Jordan 1 Retro High Travis Scott feiert und bis zu 1 700 Euro dafür ausgibt. Bei Nike macht man wenig falsch. Für den Beginn empfiehlt sich aktuell der Nike Air Jordan 1 „Mocha“ oder „University Blue“.

Kommt nach Adidas und Nike wirklich lange Zeit nichts?

Auch New Balance, Puma oder Asics bringen durchaus mal limitierte Kollabos. Das sind dann aber eher Schuhe für traditionelle Sneaker-Heads der Generation Y und X, die weniger einem Hype folgen, sondern auf Qualität und die Historie einer Marke schauen. Jüngere Käufer:innen entscheiden eher danach, wer gerade mit ihrem Lieblingsstar oder Sportler:in oder Web-Promi eine Edition lanciert.

„Ich selbst trage die, die ich selbst cool finde.“

Naive Frage: Trägt man eigentlich die Schuhe, oder lagern die im klimatisierten Raum in der Box?

Manche meiner Kund:innen tragen ihre Schuhe, andere bewahren sie als reine Wertanlage auf. Ein Ehepaar aus Nagold, das bei mir kauft, macht es unterschiedlich: der Mann sammelt, die Frau zieht ihre gleich an und die beiden Kids nur, wenn es limitierte Sneakers in Farben des Marvel-Universum sind. Ich selbst trage die, die ich selbst cool finde. Natürlich auch ein bisschen als Werbung für mein Business, da hilft es, wenn sich Leute unterwegs oder bei einem Pop-up-Event wegen der Sneaker nach mir umdrehen.

Welche Promis kaufen denn bereits bei Ihnen? Hemmungsloses Name-Dropping, bitte.

Mein treuester Kunde ist der Rapstar Kay One, der ja auch schon Jurymitglied bei „DSDS“ war. Der Kontakt kam über einen Bekannten, der mir damals eine Whatsapp schickte: „Ey, bist du da? Kay braucht Schuhe, zeig mal, was du in seiner Größe hast.“ Ich habe dann ein paar Fotos geschickt, und kurze Zeit später stand ich in Kays Zimmer im Hyatt Düsseldorf. Er hat sogar ein Video über den Kauf gemacht und auf Instagram veröffentlicht.

Darüber kamen dann etliche neue Anfragen rein, beispielsweise von Mike Singer, von Fler und ein paar bekannten Youtuber:innen. Im KaDeWe habe ich kürzlich Schuhe an Kontra K verkauft – und an den Hollywoodschauspieler Yahya Abdul-Mateen II, der bald in „Matrix 4“ zu sehen ist.

Und Ihr bisher lukrativster Deal?

Auf einer Veranstaltung meinte mal jemand zu mir: „Ich will Sneaker als Geldanlage nutzen. Was kannst du mir für 30 000 Euro anbieten? Ich zahle jetzt gleich im Voraus, und du stellst mir zusammen, was ich kriegen kann.“ So, als würden wir uns ewig kennen und bei McDonald’s eine Cola trinken. Ich habe dann erfahren, dass er mit Kryptowährungen handelt und an manchem Tag mal eben 200 000 Euro verdient. Am Ende waren das dann ungefähr 45 Schuhe.

Generell überlege ich mir bei jedem Kauf gut, ob ich einen Schuh jetzt gleich weiterverkaufe oder lieber ein paar Jahre warte, um dann mehr daran zu verdienen. Liegt man mit dieser Prognose richtig, ist bei einem Invest in drei bis vier Paare durchaus mal ein fünfstelliger Gewinn dabei.

Welches Paar wollen Sie selbst noch unbedingt haben?

Das war lange der Red October, ein roter Air Yeezy 2, den Kanye West noch für Nike gemacht hat. Als der Anfang 2014 rauskam, war Kanye schon gar nicht mehr dort unter Vertrag. Der Release war ein kleiner Skandal, weil die den Schuh einfach auf ihre Website gestellt haben, während die Fans vor vielen Läden wochenlang auf dem Fußweg geschlafen haben. Heute kostet der teilweise 20 000 Euro, und einer davon liegt gerade vor mir auf dem Boden. Den habe ich nach zweieinhalbjähriger Suche in den USA gefunden, weil ich mit 47,5 eine für Europa seltene Schuhgröße habe.

Derzeit habe ich alle Sneaker, die mir wichtig sind. Ich will lieber dank meines Business was erleben, reisen, Wünsche umsetzen … Manchmal gucke ich nach News von der Commerzbank, die massiv Stellen abgebaut hat und vom Dax in den MDax gerutscht ist. Dann denke ich: Das war die richtige Entscheidung.

Dieser Text stammt aus unserer aktuellen Ausgabe. 148 druckfrische Seiten mit sieben Storys zum Dossier-Thema „Einfach Machen“. Außerdem: Lucid greift Tesla und Elon Musk an, der DJ Solomun grüßt mit seinem neuen Album vom Strand, Livebuy will mit Shopping-Video-Partys Deutschland in die E-Commerce-Gegenwart holen und Bochum entdeckt die Freude am Neuen und Digitalen. Und natürlich noch vieles mehr! Also ab zum Kiosk oder zum Aboshop.

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