Leadership & Karriere Gudrun Schweppe soll Youtube Music an die Spitze des Musikmarktes bringen

Gudrun Schweppe soll Youtube Music an die Spitze des Musikmarktes bringen

Bei BMG Ariola lernte sie also, dass man in der Musikindustrie Karriere machen kann – wenn man auf der richtigen Seite des Tisches sitzt. Und auch, dass man sich als Frau nicht zwischen Führung und Familie entscheiden muss, was ihre damalige Chefin ihr zeigte, sagt Schweppe: „Sie hat Job und Kind gleichermaßen mit einer Selbstverständlichkeit gewuppt“, sagt Schweppe, die mittlerweile selbst drei Kinder hat. „Sie hat mich gepusht. Dafür bin ich ihr bis heute dankbar.“

Bei Jamba, ihrer nächsten Station, begriff Schweppe, wie mächtig digitaler Vertrieb eigentlich sein kann – und wie gewaltig ein Hype. „Schicke jetzt Frosch Eins an fünf mal die Drei“ – man hat ihn sofort im Ohr, den Satz, der für viele den Niedergang der Musik bedeutete.

Doch für Schweppe ein wichtiges Learning. „Klingeltöne waren damals tatsächlich die größte Einnahmequelle im digitalen Bereich“, sagt Schweppe. Später sammelte sie weitere Erfahrungen bei der Fox Mobile Group als Vice President für Musik, TV und Film und bei Jesta Digital – an vielseitigen Einblicken in die digitale Musikbranche fehlte es Schweppe also nicht. Gute Voraussetzungen, um 2012 bei Youtube einzusteigen.

Exklusive Aufgabe

Dort kümmerte sie sich zu Beginn vor allem um Deals mit Verlagen und Verwertungsgesellschaften. Doch Anfang des Jahres wurde Youtube bewusst, dass das Musikgeschäft nicht weiter nur aus den USA oder UK gesteuert werden könnte, sondern dass es in den jeweiligen Märkten eine viel stärkere, lokale Präsenz bräuchte – auch in Deutschland. „Da habe ich meine Hand gehoben. Ich komme schließlich aus der Musikbranche, es ist meine Leidenschaft“, sagt Schweppe.

Die 42-Jährige konnte sich durchsetzen, seit mehr als einem halben Jahr ist Schweppe nun Head of Music Deutschland bei Youtube. Es gab zwar auch vorher ein Team, das den deutschen Musikmarkt betreute, doch war dort die Lead Position verwaist. Schweppe sagt: „Der deutsche Musikmarkt ist der viertgrößte der Welt. Deshalb brauchen wir jemanden, der sich exklusiv um die Musik in Deutschland kümmert.“

An der Seite von Lyor Cohen

Schweppe arbeitet allerdings nicht alleine an dem Ziel, den Anbieter zur Nummer eins auf dem deutschen Musikmarkt machen zu wollen. Auf globaler Ebene steht ihr Lyor Cohen zur Seite, Global Head of Music von Youtube. Als dessen Name fällt, beginnt Schweppe mit einer Anekdote: „In einer regelmäßigen Mail an die Heads aller Länder hängt Cohen immer ein Musikvideo an, das oft von deutschen Künstler:innen stammt. Vor Kurzem war es Deichkind.“ Sie lacht, Deichkind war ihr letztes Konzert vor der Pandemie.

Cohen sei nicht nur persönlich Fan von deutscher Musik, er sehe auch aus seiner globalen Position heraus große Chancen im deutschen Musikmarkt. Gegenüber der britischen Tageszeitung „Financial Times“ sagte Cohen Ende Oktober 2021: „Wir werden der Musikindustrie bis 2025 mehr Einnahmen verschaffen als jeder andere.“ Schweppe scheint das Ziel nicht unrealistisch zu finden: „Klar, das ist ein großes Statement, aber laut aktuellen Zahlen sind wir global gesehen davon nicht mehr so weit entfernt.“

Doch wo steht Youtube in Sachen Musik aktuell? Laut „Financial Times“ kommt Youtube Music weltweit auf 50 Millionen zahlende Abonnent:innen. Das ist nur ein kleiner Teil der weltweit zwei Milliarden Nutzer:innen, die Youtube monatlich wegen des Musikangebots besuchen. Auf der einen Seite gibt es also die Plattform, über die Millionen Musikvideos kostenlos abgespielt werden können, dabei aber ständig Werbeanzeigen ausgespielt werden.

Mit zwei Motoren

Auf der anderen Seite gibt es die kostenpflichtige Option als App, die von der Handhabung her ähnlich wie Spotify funktioniert und wie der große Konkurrent ebenfalls 9,99 Euro kostet und werbefrei ist. Cohen scheint in diesem zweifachen Angebot großes Potenzial zu sehen: „Die Wachstumsstory mit zwei Motoren ist entscheidend dafür, dass wir die größte und wertvollste Plattform für die Musikindustrie werden“, sagte Cohen einmal in einem Interview. Zum Vergleich: Amazon Music verzeichnet 60 Millionen, Apple Music 80 Millionen und Spotify über 170 Millionen zahlende Abonnent:innen. Die Kluft zwischen Ziel und dessen Erreichung wird anhand dieser Zahlen gut deutlich.

Was, wenn es aber eben gar nicht um die Abozahlen an sich geht, sondern um das Geld, das insgesamt fließt? Die Nachrichten- und Analysewebsite „Music Business Worldwide“ nennt im November genaue Zahlen: Bis Ende September soll Youtube über 20 Mrd. Dollar allein über Werbung erwirtschaftet haben – worin die Einnahmen durch kostenpflichtige Abos also nicht enthalten sind. Und: Laut „Music Business Worldwide“ entfallen ganze 25 Prozent der weltweiten Youtube-Streamingzeit heute auf Musikinhalte. Man kann sich also vorstellen, wie viel Werbegeld alleine durch Youtube Music fließen muss.

Doch wie kommt Youtube raus aus dem werbefinanzierten Flohmarkt der Videos, diesem recht trashigen Umfeld mit seltsamen Kommentaren, die einem der Algorithmus vorschlägt? Die Antwort von Schweppe lautet: überhaupt nicht. Denn: „Spotify ist ein Audiodienst, wir sind vor allem eine Videoplattform. Wir haben zusätzlich das visuelle Element, das so kein anderer hat. Das ist eine riesige Komponente, die uns einzigartig macht.“

Und es stimmt: Veröffentlichen Stars wie Justin Bieber oder Adele neue Songs samt Musikvideo, ist Youtube die erste Anlaufstelle für Fans. Weil man den Star eben auch sehen und nicht nur hören will. Außerdem könne Youtube sich durch die sozialen Interaktionen, die auf der Plattform stattfinden, deutlich von der Konkurrenz abheben, sagt Schweppe weiter.

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