Leadership & Karriere Startups entlassen in Massen – Ist das eine „dornige Chance“?

Startups entlassen in Massen – Ist das eine „dornige Chance“?

Nummer eins: die Betroffenen finanziell absichern. „Bei uns haben die Mitarbeitenden eine Abfindung bekommen“, sagt Neumann. „Egal, wie lange sie bei uns gearbeitet haben, sogar die in Probezeit.“ Nummer zwei: die emotionale Absicherung. Bei Kontist arbeitet eine Coachin, die in den Prozess eingebunden wurde. Sie unterstützte Betroffene dabei, die Situation zu verarbeiten. Nummer drei: zum Personalvermittler werden. Vorgesetzte haben in der Regel ein großes Netzwerk, kennen andere Entscheider, können Leute möglichst unkompliziert in anderen Unternehmen unterbringen. Entweder sie gehen aktiv auf ihr Netzwerk zu oder schicken eine Liste mit allen Namen der Mitarbeitenden auf Jobsuche per Mail raus. Das alles erledigt sich allerdings nicht so nebenbei: „Die ersten zwei bis drei Tage nach der Kündigung gingen zu 100 Prozent darauf, die Menschen aufzufangen und ihnen ein bisschen Perspektive zu bieten“, sagt Neumann.

Personalberatungstipps

Andere hingegen werden lieber selber aktiv. Wurde man gekündigt, sollte man sich klarmachen: Der Gang zum Arbeitsamt ist kein Walk of Shame. Eine Entlassung passiert selbst den Besten. Davor schützt auch das Studium oder die McKinsey-Vergangenheit nicht. Hat man die Kündigung erhalten, muss man sich asap arbeitssuchend melden, um Arbeitslosengeld beziehen zu können. Kommt dann die Gründung infrage, kann auch hier die Arbeitsagentur eine Anlaufstelle sein. Julian von Blücher, CEO der Personalberatung Talent Tree, ist den Weg selbst gegangen. Sein erstes Unternehmen hat er mit der Starthilfe eines Gründungszuschusses aufgebaut, belegte angebotene Seminare und lernte dort bereits seine erste Mitarbeiterin kennen.

Bleibt man lieber im Angestelltenverhältnis, empfiehlt von Blücher, sich schlau zu machen, welche Branchen in den nächsten Jahren nachhaltig wachsen werden. Er sieht beispielsweise viele neue Jobchancen im Climate-Tech-Bereich. Ist die Branche der Wahl anvisiert, solle man sich laut von Blücher gezielt Firmen aussuchen und anschreiben. Nicht zu unterschätzen ist dabei die Plattform Linkedin. Über die lässt sich das eigene Netzwerk nutzen und herausfinden, ob man eventuell schon einen Kontakt zu einer Person hat, die in der neuen Wunschfirma arbeitet. Oder aber man macht sich schlau, ob man jemanden kennt, der jemanden kennt, der jemanden kennt, der einen Kontakt herstellen kann. Im besten Fall schreibt man dann dieser Person eine kurze Intro.

„Man kann auf Linkedin Headhunter direkt anschreiben oder sich bei Firmen nach ihrem Hiring-Plan erkundigen“, sagt von Blücher. So erfährt man, ob das Wunschunternehmen in näherer Zukunft relevante Stellen schafft. Das heißt nicht, dass Unternehmen und Startups das exakte Datum ihrer neuen Stellenanzeigen kennen. Aber sie wissen, wie sie sich im nächsten Jahr aufstellen wollen, wie viel Budget zur Verfügung steht, welche Bereiche sie weiter ausbauen möchten und wo sie dementsprechend Personal benötigen.

Klinken putzen gehen funktioniert im Jahr 2022 aber auch auf andere Weise: über einen Post auf Linkedin oder Xing – Offenheit vorausgesetzt. Denn man muss natürlich erst einmal bereit sein, in der Öffentlichkeit seine berufliche Misslage zum Thema zu machen. Gegebenenfalls kommen Unternehmen dann auf einen zu und bieten eine neue Stelle an.

Sicherlich kann man eine Entlassung als die viel gelobte Chance verstehen. Aber machen wir uns nichts vor: Der Job macht einen riesigen Teil des Lebens aus, ist in der Regel tages- und manchmal auch nachtfüllend. Fällt der weg, hat man plötzlich viel Zeit. Von Blücher schlägt vor, die Zeit für gezielte Weiterbildung, das Erlernen neuer Fähigkeiten oder auch für soziale oder ökologische Arbeit zu nutzen. Wer es ambitionierter will: Auch eine komplette Neuorientierung ist in so einer Phase möglich, Stichwort „learn to code“.

Rat aus der Community

Wenn Linkedin schon von Leuten vom Fach empfohlen wird, kann man sich da ja auch nach Ratschlägen bei einer Entlassung umhören. Hier ein paar Stimmen, die wir unter einem Aufruf eingesammelt haben:

„Im Bewerbungsprozess offen mit der Entlassung umgehen.“

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