Female Entrepreneurship Femtech auf Kurs: Die Zukunft der digitalen Gesundheit ist weiblich

Femtech auf Kurs: Die Zukunft der digitalen Gesundheit ist weiblich

Die Kombination von biowissenschaftlichen Innovationen und dem Patient:innen-Fokus im Gesundheitswesen bietet der Frauengesundheit ganz neue Möglichkeiten. Auch Femtech-Startups arbeiten mit biowissenschaftlichen Methoden wie zum Beispiel Biomarkern, um so zur Schließung der Datenlücke beizutragen. Im Folgenden drei Beispiele von Femtech-Startups, die wir 2023 unbedingt im Auge behalten sollten:

Daye

Der medizinische Service von Daye umfasst gynäkologische Gesundheitsuntersuchungen durch Menstruationstampons. Die Kundinnen können die gebrauchten Tampons für ein umfassendes vaginales Mikrobiom-Screening zurückschicken und erhalten so Aufschluss über ihre vaginale und reproduktive Gesundheit. Außerdem erhalten sie Informationen über ihr Risiko von Geschlechtskrankheiten, vaginalen Infektionen, Unfruchtbarkeit und vorzeitigen Wehen. Über Daye können Frauen auch mit einer in der Gynäkologie tätigen Person oder Apotheker:in in Kontakt treten und sich Behandlungen nach Hause liefern lassen.  

Hertility

Das britische Startup Hertility entstand aus Frustration über den Mangel an Forschung zur Frauengesundheit. Deshalb haben sie sich zum Ziel gemacht, die Welt der Hormon- und Reproduktionsgesundheit zu revolutionieren. Neben Fruchtbarkeits- und Hormontests bieten sie auch Testoptionen für Wechseljahre, Fehlgeburten, postnatale Versorgung, polyzystisches Ovarialsyndrom (PCOS) und Endometriose an. Gleichzeitig führt Hertility klinische Studien durch. Ihr Ziel: Verkürzung der Diagnostik für einige der häufigsten Fortpflanzungserkrankungen. 

EndoGene.Bio

Schmerzen während der Menstruation sind für viele normal „und gehören halt einfach zum Frausein dazu„. Das sollte aber nicht die Realität sein, denn diese Schmerzen sind alles andere als normal. Für rund 190 Millionen Frauen weltweit ist der Grund eine nicht diagnostizierte Endometriose – das dauert in der Regel mehrere Jahre.

Die verspätete Diagnose kostet allein die EU und USA mehrere Milliarden Euro und ist auf einen Mangel an frühen Testmöglichkeiten zurückzuführen. Deshalb entwickelt EndoGene.Bio einen verschreibungspflichtigen Diganosetest, der auf epigenetischen Biomarkern im Menstruationsblut basiert. Den können die Frauen ganz einfach zu Hause durchführen. 

Trotzdem erhalten auch diese Femtech-Startups noch immer nicht die Aufmerksamkeit von Investor:innen, die sie verdient hätten. Aber: Die Zahlen zeigen zunehmendes Interesse – und das wird sich in den kommenden Jahren noch verstärken. Ein entscheidender Faktor in der Erfolgsgeschichte der Femtech-Branche ist die Zeit: Investor:innen müssen diesen Kosmos erst noch für sich entdecken – das lässt sich kaum beschleunigen. Helfen kann, wenn sich mehr Frauen trauen, in diesem Bereich zu gründen.

Bei der Bewertung eines Startups werden nämlich unter anderem auch Betriebskennzahlen von konkurrierenden Unternehmen herangezogen (Multiplikatoren-Verfahren). Existieren also mehr Gründungen im Femtech-Bereich, verändert dies auch das Exit-Multiplikator-Verhältnis einer Investition und der Schneeballeffekt setzt sich fort. Entstehen mehr Unicorns, fließen auch mehr Finanzierungen in den Sektor. Erst dann schaffen es Femtechs in den Mainstream.

Außerdem wird sich auch dieser Sektor weiter ausdifferenzieren: Momentan beschäftigen sich viele Femtech-Startups mit den Themen Fruchtbarkeit oder Schwangerschaft und bieten somit Lösungen für Menschen, die Nachwuchs planen oder schon erwarten. In Zukunft wird sich neben Femtech auch der Sektor Parentech entwickeln und Lösungen anbieten, die sich an Menschen nach einer Geburt richten. 

Die drei großen Herausforderungen für Femtech

  1. Pass the keys, gentlemen: Femtechs wurden bis vor kurzem in der Startup-Szene kaum wahrgenommen. Grund für die fehlenden Finanzierungen ist die Tatsache, dass Frauen lange gar kein Teil des Entscheidungsprozesses waren. Darüber hinaus war das Wissen von Männern zu frauenspezifischen Problemen und Erkrankungen deutlich geringer. Über diese überhaupt zu sprechen, war lange ein Tabu. Warum sollten also gerade Männer in Lösungen investieren, die sie nicht verstehen? Nicht zu unrecht meinte Melinda Gates: „We like to think that venture capital is driven by the power of good ideas. But by the numbers, it’s men who have the keys”. 
  2. Chicken-or-egg-problem: Femtech-Startups sind auf Wissenschaft basierende Anwendungen, die sich kaum auf bereits existierende Studien stützen können – diese gibt es ja schließlich oft gar nicht. Wollen die Startups eine wirkliche Chance auf ein Funding, brauchen sie Daten. Diese zu generieren und zu validieren benötigt Zeit und Geld. Doch ein Investment ohne ausreichend Daten, ist selbst für VCs meistens zu risikobehaftet. Es handelt sich also um ein typisches Henne-Ei-Problem: ohne Daten kein Funding, ohne Funding keine Daten. 
  3. It’s all about the money: Exits in diesem Sektor fallen im Vergleich zu anderen Technologiebereichen deutlich geringer aus. VCs fehlen deshalb die monetären Anreize, ein Femtech gegenüber anderen Startups vorzuziehen. Schließlich sind die Exit-Multiplikatoren außerhalb des Femtech-Sektors um einiges höher. Hochkarätige Börsengänge in den USA, wie bspw. von Kindbody und Maven, haben da schon einiges geändert. Dennoch wird uns dieses Problem weiterhin begleiten.

Femtech ist auf Kurs

Auch wenn die Startups auch zu Beginn des neuen Jahres immer noch zu einer kleinen Nische gehören, erkennen immer mehr VCs ihr Potenzial. Wir sind gerade an einem wichtigen Wendepunkt und müssen unbedingt gerade jetzt dranbleiben: Das Thema Frauengesundheit muss weiter aufgearbeitet und enttabuisiert werden. Für alle Gründer:Innen in diesem Sektor gilt es, hartnäckig zu bleiben. Denn da draußen sind viele VCs, die genau diese Lösungen suchen. Möge das Jahr 2023 also voller neuer Gründungen, Daten, Finanzierungen und Exits sein. Die Zukunft der digitalen Gesundheit ist weiblich.

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