Life & Style „Ein einziger beladener LKW kann die Brücke zum Bröckeln bringen“ 

„Ein einziger beladener LKW kann die Brücke zum Bröckeln bringen“ 

Der Einsturz der Carolabrücke in Dresden lenkt den Blick auf die marode Brückeninfrastruktur in Deutschland. Ingenieure sind sich einig: Das Drama von Dresden kann jederzeit auch woanders in Deutschland passieren.  

Der Einsturz einer wichtigen Brücke über die Elbe in Dresden hat hektische Betriebsamkeit ausgelöst. Allenthalben wird mehr Tempo und vor allem mehr Geld für die Sanierungen gefordert. Dabei war in Dresden das Geld mutmaßlich vorhanden und die Sanierung für 2025 im Plan aufgeführt. Also alles nur Pech? Angesichts maroder Brücken bundesweit jedenfalls ein Aufwachsignal. 

In den Sozialen Medien herrscht Aufregung, wie immer, wenn es um die Suche nach Schuldigen für so etwas wie den Brückeneinsturz geht. Der zuständige Baubürgermeister Stephan Kühn (Grüne) steht ebenso im Scheinwerferlicht wie Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP). Vorwurf: Verschleppung der dringend notwendigen Sanierung. Und ebenso die Parteienmehrheit im Stadtparlament: Im Juni hatte sie einen Antrag der Freien Wähler abgelehnt, der vom OB eine Bestandsaufnahme der Dresdener Elbbrücken bis Ende Juni 2024 gefordert hatte. Das ist aus heutiger Sicht natürlich peinlich. Während der Streit um den Einsturz des Zuges C der Carolabrücke weitergehen dürfte, ist die Ursachensuche unter Fachleuten ebenso im Gange. War es die Belastung durch die Straßenbahnlinie auf diesem Brückenteil? Lag es am Anbau einer Fahrradwegstrecke, naturgemäß besonderes Anliegen des Baubürgermeisters von den Grünen? 

Festzustehen scheint, dass selbst die geplante Sanierung des nun eingebrochenen Brückenabschnitts der in den siebziger Jahren gebauten Elbquerung für 2025 noch nicht völlig gesichert war. Denn wie gewohnt bei Großvorhaben, bei dem Kommunen und Länder über verzwickte Förderregeln verknüpft sind und das alles durch bürokratische Mühlen gedreht werden muss, dauert es. Angesichts maroder Brückenstrukturen längs und quer durch die Republik ein gefährlicher Luxus. Die Vorhersage einer solchen Katastrophe, bei der durch einen großen Zufall niemand zu Schaden kam, hat allerdings Grenzen: „Dass es einen enormen Investitionsstau in der Infrastruktur gibt, ist bekannt. Trotzdem werden Brücken so engmaschig geprüft, dass sowas eigentlich nicht möglich ist. Dass es trotzdem passiert ist, hat einen Grund. Auf den bin ich sehr gespannt. An der geplanten Sanierung lag es nicht, denn bei einer Sanierung wird nicht die tragende Struktur erneuert, aber genau die hat hier versagt und zum Einsturz geführt. Dass die Stahlbewehrung im Inneren einer Brücke komplett korrodiert, ist völlig ungewöhnlich und könnte bei Brückenprüfungen auch nicht entdeckt worden sein”, so etwa fatalistisch der Brückenbauingenieur Joachim Fallert auf der Plattform „X”. Erste Vermutungen von Fachleuten beinhalten auch die damalige Materialverwendung, wie sie in der ehemaligen DDR üblich war, deren Mischung anfällig für bauchemische Reaktionen sein könnte. 

Bundesweit ist es derweil eine unüberschaubare Masse an Brücken und ähnlichen Konstruktionen, die dringend erneuert werden müssen. Rund 40.000 befinden sich an Autobahnen und Fernstraßen, insgesamt gibt es in Deutschland knapp 140.000, von denen 16.000 sanierungsbedürftig sind. Der Automobilclub ADAC wandte sich im Frühsommer zusammen mit mehren Bauverbänden an die Bundesregierung: „Sollte die Bundesregierung keine ausreichenden finanziellen Mittel für den Bundesfernstraßenbau im aktuellen Verkehrsetat und der mittelfristigen Finanzplanung einstellen, hätte das fatale Folgen – ein Verkehrskollaps ist zu befürchten.” Das scheint nicht übertrieben angesichts von über 4000 Bauwerken allein im Bereich der Autobahnen, die als marode gelten. Der Bundesverkehrsminister hatte vor zwei Jahren angekündigt, dass man ab 2026 jedes Jahr 400 Autobahnbrücken sanieren werde, um innerhalb eines Jahrzehnts den Sanierungsstau abzuarbeiten. Was logischerweise nur gelingen könnte, wenn keine weiteren Bauwerke als sanierungsbedürftig hinzukommen – über zwölf Jahre gesehen wohl eher unrealistisch. Natürlich ist es noch nicht 2026, so dass man niemandem Verzögerung vorwerfen kann. Allerdings besteht der Bedarf unabhängig vom Kalender, wie es sehr drastisch das Schicksal der Salzbachtalbrücke der A66 bei Wiesbaden gezeigt hat. 

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