Leadership & Karriere VW-Verhandler holen Uralt-Arbeitsmodell aus der Mottenkiste

VW-Verhandler holen Uralt-Arbeitsmodell aus der Mottenkiste

Es gab sie ja schon, bevor sie jetzt wieder in aller Munde ist: die Vier-Tage-Woche. Volkswagen hatte sie in seiner letzten existenzbedrohenden Krise eingeführt. Insider aus den laufenden Verhandlungen sagen: Sie könnte zurückkommen, um auch diesmal Werkschließungen und Massenentlassungen zu verhindern.

Bei Volkswagen machen in vertraulichen Gesprächen zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite die drei Worte von der „Vier-Tage-Woche“ die Runde. Es geht darum, wie der Konzern in der aktuellen Absatzkrise Personalkosten einsparen kann – und da werden Erinnerungen an eine vergleichbare Situation vor mehr als 30 Jahren wach. Damals hatte der Konzern die Arbeitszeit der Beschäftigten um 20 Prozent gesenkt, die Löhne allerdings nur um rund zwölf Prozent. Das Modell trug entscheidend dazu bei, dass VW eine tiefe Absatzkrise überstehen konnte. Nach Angaben von Insidern aus Verhandlungskreisen könnte es auch in der gegenwärtigen Krise wieder Pate stehen.

Offiziell sieht die Lage so aus: Konzernchef Oliver Blume hat vor wenigen Tagen die Gewinnaussichten schon wieder gekappt, weil das Unternehmen noch weniger Autos verkaufen wird, als es die schon vorsichtige Prognose vorsah. Vor allem bei der Kernmarke VW läuft es schlechter als erwartet, aber auch die leichten Nutzfahrzeuge und die eigene Zuliefersparte schwächeln. Analysten wie Philippe Houchois von der US-Investmentbank Jefferies spekulieren seither, die Entscheidungen zum Konzernumbau könnten durch die maue Geschäftsentwicklung beschleunigt werden. Er schätzt den Kostenbedarf für eine Schließung von mindestens zwei Werken in Deutschland und einen Stellenabbau von 15.000 Jobs auf drei bis vier Milliarden Euro.

Die Sprachregelung der Konzernleitung dazu lautet so: „Volkswagen muss an seinen deutschen Standorten seine Kosten reduzieren. Nur so kann die Marke heute preislich attraktive Fahrzeuge anbieten und zugleich ausreichend Geld für Zukunftsinvestitionen verdienen. Wie wir gemeinsam mit der Arbeitnehmervertretung dieses Ziel erreichen, ist Teil der anstehenden Gespräche.“ Angesprochen darauf, dass möglicherweise nicht nur 15.000, sondern 30.000 Stellen wegfallen, reagiert der Gesamtbetriebsrat allergisch: „Diese Zahl entbehrt jeglicher Grundlage und ist einfach nur Schwachsinn.“

Hinter den Kulissen allerdings wird bereits verhandelt. In welche Richtung das geht, deuten beide Seiten bereits an: Thorsten Gröger, Bezirksleiter der IG Metall und Verhandlungsführer in der laufenden Haustarifrunde, sagt es drastisch so: „Was das Management in den letzten Tagen präsentiert hat, das geht auf keine Kuhhaut! Jahrzehnte lang war eins klar: Bei Volkswagen werden die Probleme mit und nicht gegen die Beschäftigten gelöst! Es war klar, Standortschließungen und Massenentlassungen haben im Werkzeugkasten des Managements nichts, aber auch gar nichts zu suchen! Das war die Grundlage für die Erfolge und das muss auch so bleiben!“ Und Stephan Weil, niedersächsischer Regierungschef und qua Amt Volkswagen-Aufsichtsrat, der nicht überstimmt werden kann, erklärt auf die Frage, ob VW auf Werkschließungen verzichten soll: „Es ist meine klare Erwartung.“ Es gebe immer unterschiedliche Optionen. „Bevor ich über Werksschließungen rede, möchte ich erst mal wissen: Was geht eigentlich noch und wie ist das zu bewerten?“ Anschließend erinnert der Ministerpräsident an die Geschichte von Volkswagen, seinen Lenkern und seiner Belegschaft und die Rolle, die das Land und die Gewerkschaft dabei jeweils spielte: „Es gab immer einen ausgeprägten Konsens zwischen Anteilseignern, Vorstand, Betriebsrat – und an der Stelle müssen wir anknüpfen.“

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