Leadership & Karriere Asylwende: Hat Friedrich Merz eine „Schließung der Grenzen“ versprochen?

Asylwende: Hat Friedrich Merz eine „Schließung der Grenzen“ versprochen?

Was der Kanzlerkandidat im Wahlkampf sagte – und was in den Tagen danach.

Es war das dominierende Thema des Bundestagswahlkampfes, und CDU-Chef Friedrich Merz machte es nach dem islamistischen Anschlag von Aschaffenburg zu einem zentralen Versprechen: Die Bekämpfung der illegalen Migration stehe neben einem Wachstumskurs für die Wirtschaft ganz oben auf seiner Agenda. „Ich gebe den Wählerinnen und Wählern in Deutschland die Garantie, dass es in der Wirtschaftspolitik und in der Asylpolitik eine wirkliche Wende gibt“, sagte Merz drei Wochen vor dem Urnengang der „Bild am Sonntag“. Denn: „Wir brauchen in Deutschland einen Politikwechsel.“

Jetzt, nach der Wahl und im Vorfeld von Gesprächen mit der SPD, die für eine Regierungsbildung gebraucht wird, hat der mutmaßlich nächste Bundeskanzler die Lautstärke heruntergedreht und die Schärfe aus seinen Ankündigungen herausgenommen. Im CDU-Bundesvorstand bat Merz die Mitglieder, auf Äußerungen zur Migrationspolitik zu verzichten und auch nicht im Hintergrund, mit Medien darüber zu sprechen. Alice Weidel, Co-Chefin der mit 20 Prozent stärksten Oppositionspartei AfD, höhnt bereits: „Das Wahlkampfversprechen wurde gebrochen!“

Der Hintergrund für diesen Vorwurf ist insbesondere diese Äußerung von Merz vom 24. Februar, dem Tag nach der Wahlsonntag: „Niemand von uns spricht über Grenzschließungen. Niemand. Obwohl das im Wahlkampf streckenweise behauptet worden ist. Niemand von uns will die Grenzen schließen.“

Das sagte Merz auf einer Pressekonferenz in der CDU-Zentrale. Hingegen hatte er fast auf den Tag einen Monat zuvor, am 25. Januar, unter dem Eindruck von Aschaffenburg in einem Videoauftritt auf dem Kurznachrichtendienst X erklärt: „Das Maß ist endgültig voll. Wir stehen vor dem Scherbenhaufen einer seit zehn Jahren fehlgeleiteten Asyl- und Einwanderungspolitik.“ Und weiter: „Sollte ich zum Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland gewählt werden, dann werde ich am ersten Tag meiner Amtszeit das Bundesinnenministerium anweisen, die deutschen Staatsgrenzen zu allen unseren Nachbarstaaten dauerhaft zu kontrollieren und ausnahmslos alle Versuche der illegalen Einreise zurückzuweisen.“

Das war wenige Tage vor einem Antrag der CDU/CSU zur Verschärfung der Asylpolitik im Bundestag, dem sich SPD und Grüne verweigerten, während AfD und FDP ihm zur Mehrheit verhalfen. Der Fünf-Punkte-Plan bestand aus folgenden Forderungen:

  • Dauerhafte Grenzkontrollen an allen deutschen Grenzen
  • Konsequente Zurückweisung aller Versuche illegaler Einreise
  • Faktisches Einreiseverbot für Personen ohne gültige Dokumente
  • Sofortige Inhaftierung von ausreisepflichtigen Personen
  • Verschärfung des Aufenthaltsrechts für Straftäter und Gefährder

Hat Merz dieses Wahlkampfversprechen gebrochen? „Dauerhafte Grenzkontrollen“ sind erkennbar nicht identisch mit „Grenzen schließen“. Durch eine geschlossene Grenze kommt niemand hindurch, während Kontrollen bedeuten, dass – im Idealfall – nur Menschen mit entsprechenden Aufenthaltstiteln passieren dürfen. Merz hat, soweit erkennbar, nie Grenzschließungen angekündigt.

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