Personal Finance Das meiste Bürgergeld fließt in die Verwaltung von Bürgergeldempfängern

Das meiste Bürgergeld fließt in die Verwaltung von Bürgergeldempfängern

Mehr als 10 Milliarden Euro erhalten die Jobcenter aus Steuergeld, um Bürgergeldempfängern eine Stelle zu vermitteln. Bis zu zwei Drittel der Summe allerdings fließt nicht in die Jobvermittlung, sondern die Verwaltung innerhalb der Jobcenter, rechnet eine Studie vor.

Während Union und SPD darum ringen, wie es mit dem Bürgergeld weitergeht, platzt eine brisante Studie der unabhängigen Bertelsmann-Stiftung in die Koalitionsgespräche. Die wichtigste Erkenntnis daraus: Die Jobcenter, die das Bürgergeld auszahlen, verwenden bis zu zwei Dritteln des Steuergelds dafür, die Kunden und sich selbst zu verwalten. Nur rund ein Dittel des vorhandenen Geldes fließt wirklich in die Jobvermittlung, Tendenz sinkend. Eine effektive Arbeit sieht anders aus. Die Parteien, die die Regierung stellen wollen, müssen sich also fragen lassen, ob sie das ganze System, so wie es konstruiert ist, überhaupt aufrechterhalten wollen.

Rund 5,4 Millionen Menschen in Deutschland beziehen Bürgergeld. Davon stehen etwa 2,7 Millionen dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung, entweder weil sie sich gerade in einer Weiterbildung befinden oder weil sie Angehörige pflegen und darüber hinaus keine Zeit mehr haben, oder weil sie schlicht selbst krank sind. Weitere rund 830.000 sind „Aufstocker“, wie im Behördendeutsch Menschen genannt werden, bei denen das Einkommen nicht zum Leben reicht – und 1,9 Millionen sind tatsächlich Arbeitslose, die einen Job suchen. Die Gesamtkosten für alle Leistungen der Grundsicherung belaufen sich aktuell pro Jahr auf rund 52 Milliarden Euro, wovon etwa 29 Milliarden Euro als Bürgergeld gezahlt werden.

Zuständig für deren Betreuung sind die Jobcenter. Ihre Hauptaufgabe: Sie sollen die Kunden dabei unterstützen, einen neuen Job zu finden, und bis dahin den Lebensunterhalt mit der Zahlung von Bürgergeld sichern. Insgesamt, so rechnet die Bertelsmann-Stiftung vor, standen den Jobcentern 2024 mehr als 10 Milliarden Euro zu Verfügung. Wie sie dieses Geld zwischen der eigenen Verwaltung und der eigentlichen Arbeitsförderung aufteilen, bleibt den Jobcentern bislang selbst überlassen. 

Genau da setzen die Studienautoren an und haben herausgefunden, dass die Kosten für die Verwaltung in den vergangenen zehn Jahren um 39 Prozent auf 6,5 Milliarden Euro gestiegen sind, während die Mittel zur eigentlichen Förderung und Vermittlung der Leistungsbezieher in den Arbeitsmarkt, bei rund 3,8 Milliarden Euro verharren. Einige Jobcenter verschieben bis zu 70 Prozent des Geldes, das ihnen zur Verfügung steht, in die eigenen Verwaltung, heißt es in der Studie. „Wie viele Menschen die Jobcenter am Ende in Arbeit bringen, spielt eine untergeordnete Rolle“, sagt Roman Wink, Arbeitsmarktexperte der Bertelsmann Stiftung. „Eine wirkungsorientierte Steuerung oder auch nur Transparenz über den Zusammenhang zwischen Mittelausstattung und dem Erfolg der Jobcenter gibt es nicht“, kritisiert er. 

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