Leadership & Karriere Deutschland, mach Tempo!

Deutschland, mach Tempo!

Fünf Jahre Stagnation – und die rote Laterne in Europa. Deutschlands Wirtschaft wirkt ausgeknockt. Warum eine neue Regierung eine Investitionsoffensive starten muss. 

Wenn sich bereits die Schweizer Sorgen um die deutsche Wirtschaft machen, ist es ernst. „Wie Deutschlands Wirtschaft wieder auf die Füße kommt“, titelte die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) jüngst im Rahmen einer mehrteiligen Serie zur ökonomischen Lage hierzulande. Die Feststellung: „Früher wurde die Bundesrepublik bewundert – heute ist das Land ein Sanierungsfall.“ 

Eine schallende Ohrfeige, die besonders schmerzt, weil sie so berechtigt ist. Seit Ende 2022 sinkt die Wirtschaftsleistung, im vierten Quartal 2024 lag die Produktion leicht unter der des vierten Quartals 2019, dem letzten vor Ausbruch der Corona-Pandemie. Das bedeutet fünf Jahre Stagnation. „Damit hält Deutschland in Bezug aufs Wirtschaftswachstum die rote Laterne unter den großen Volkswirtschaften Europas“, mahnt Vincenzo Vedda, Chief Investment Officer beim Deutsche Bank-Vermögensverwalter DWS.

Im Wahlkampf noch vom dominierenden Thema Migration klein gehalten, wird die Hauptaufgabe der neuen Regierung sein müssen, das Land aus dieser ökonomischen Schieflage zu befreien. Denn nicht nur die jüngere Vergangenheit geriet depressiv, auch der Ausblick in die Zukunft wirkt düster. Schätzungen des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung nach, soll die deutsche Wirtschaft in den nächsten zehn Jahren nur mit einer Trendrate von einem halben Prozentpunkt pro Jahr wachsen. Erholung sieht anders aus. 

Corona-Pandemie und Lieferkettenengpässe taugen nicht mehr als Begründung für offensichtlich strukturelle Probleme. Weitreichende wirtschaftspolitische Reformen sind nicht erst seit heute dringend gesucht. 

Wie gelingt der Befreiungsschlag? Volkswirte und Finanzexperten sind sich da recht einig: durch ein entschiedenes Ankurbeln von Investitionen. Dafür braucht es weniger Bürokratie und Regularien, weniger Streit – und wahrscheinlich mehr Schulden. 

Deutschland, schaff Raum für Investitionen!

„Die aktuelle Lage der deutschen Wirtschaft ist geprägt durch Exportschwäche, niedriges Potenzialwachstum und eine frustrierend langsam voranschreitende Transformation. Alle drei Symptome haben einen gemeinsamen Grund: fehlende Investitionen“, ist Klaus Bauknecht, Chefvolkswirkt der Deutschen Industriebank (IKB), sicher. Um das zu verändern, müsse es sich wieder lohnen am Standort Deutschland zu investieren, die Gewinnerwartungen müssten sich wieder verbessern. „Die deutsche Wirtschaft benötigt eine klare Angebotspolitik, die den Standort stärkt und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen erhöht“, sagt Alexander Krüger, Chefvolkswirt von Hauck Aufhäuser Lampe. Die hohen Energiepreise seien ein Problem, aber „eine Schlüsselaufgabe ist es, privates Kapital für heimische Investitionen zu mobilisieren und Steuermittel in öffentliche Investitionen zu leiten.“

„Das Umfeld für Investitionen muss günstiger werden“, fordert auch Tom Ackermans, Deutschlandfondsmanager bei Fidelity International. Preis- und saisonbereinigt würden die Unternehmensinvestitionen um 6,5 Prozent unter dem Niveau von Ende 2019 liegen, so Ackermans. „Wir sehen hier seit vielen Jahren keine anhaltende Aufwärtsbewegung und das muss sich ändern.“ 

Derzeit führten Wettbewerbsverluste zu Abwanderungen ins Ausland, anstatt im Inland zu Investitionen, die für eine Produktivitätsverbesserung am Standort Deutschland dringend erforderlich wären, bemängelt Bauknecht. Das Grundproblem sieht der Volkswirt in der aufgrund von falschen und unzuverlässigen Rahmenbedingungen fehlenden Bereitschaft, zu investieren. Doch um wieder wettbewerbsfähiger zu werden, müssten die staatlichen, wie auch die privaten Investitionen steigen, erklärt Ackermans. Ein Teufelskreis, dem sich jedoch wirtschaftspolitisch etwas entgegensetzen lässt.  

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