Kann der Tod warten? Papst Franziskus‘ letzter Ostersegen und die Willenskraft über das Sterben
Wissenschaftliche Untersuchungen
Der Soziologe David Phillips fand in den 1970er Jahren Hinweise auf einen „death postponement effect“, bei dem die Sterbewahrscheinlichkeit vor wichtigen Ereignissen sinkt. Doch spätere Studien konnten diesen Effekt nicht bestätigen. Forscher der Universität Zürich fanden sogar eine erhöhte Sterblichkeit an Geburtstagen, was auf den Stress solcher Tage zurückgeführt werden könnte.
Der Fall Papst Franziskus
Für Papst Franziskus könnte der Stress des Ostersonntags zu viel gewesen sein. Ein 88-jähriger Mann mit schwerer Krankheit und Lungenentzündung ist anfällig für akute Komplikationen. Der Glaube an die Beeinflussung des Todeszeitpunkts spiegelt den Wunsch nach Kontrolle wider, ähnlich dem Wunsch, durch einen gesunden Lebensstil Krankheiten zu vermeiden. Doch Leben und Sterben entziehen sich letztlich unserer Kontrolle.
Die Vorstellung, den Todeszeitpunkt durch Willenskraft zu beeinflussen, ist faszinierend, aber wissenschaftlich kaum belegbar. Es ist schön, Menschen im Glauben zu lassen, ihre Bezugspersonen würden auf sie warten, bis sie sterben – doch sie lenken von der Realität ab, dass der Tod oft unvorhersehbar ist. Diese Geschichten bieten Trost und Hoffnung, aber sie können auch zu falschen Erwartungen führen. Der Glaube an die Kontrolle über den Tod ist verständlich, aber er darf nicht die Akzeptanz der Ungewissheit und des natürlichen Verlaufs des Lebens verhindern. Letztlich bleibt der Tod ein Mysterium, das sich unserer Kontrolle entzieht.
Quellen: Neue Zürcher Zeitung, Apotheken Umschau