Leadership & Karriere Zu wenig Lohn: Arbeitsagentur verhindert massenhaft Einsatz ausländischer Fachkräfte

Zu wenig Lohn: Arbeitsagentur verhindert massenhaft Einsatz ausländischer Fachkräfte

An sich sind sie jene Migranten, die hierzulande besonders willkommen sein sollten: Ausländer, die einen Arbeitsvertrag für einen qualifizierten Job in der Tasche haben. Doch rund 27 000 von ihnen mussten vergangenes Jahr wieder gehen, weil die Bundesagentur für Arbeit der Meinung war, sie verdienten zu wenig.

Es geschieht in Kleinstädten wie dem schwäbischen Weingarten genauso wie in Hamburg und Berlin: Die Berichte über ausländische Arbeitskräfte häufen sich, die arbeiten wollen, über alle notwendigen Qualifikationen verfügen und einen Arbeitsvertrag mit einem deutschen Arbeitgeber in der Tasche haben – aber am Ende nicht arbeiten können. Hintergrund ist jedes Mal eine völlig absurde Entscheidung der Bundesagentur für Arbeit, die sich an einen bürokratischen Prozess hält, der das Gegenteil von dem bewirkt, was eigentlich im Interesse aller Seiten liegt.

So war das ungläubige Erstaunen in der Großdruckerei CV Druck in Weingarten groß, als die Personalabteilung dort zwei Flüchtlinge nicht wie geplant einstellen konnte. Eine Flüchtlingssozialarbeiterin hatte sich für sie eingesetzt und sie als „fleißige, leistungsfähige Menschen“ beschrieben, die nicht von staatlicher Unterstützung leben wollten. Die Personalabteilung kam der Bitte im Januar dieses Jahres nach. Beide Flüchtlinge erhielten Arbeitsverträge als Helfer im Versand. Die Tätigkeiten sollten mit dem gesetzlichen Mindestlohn von 12,82 Euro vergütet werden.

Es fehlte nur noch ein formaler Akt: die Zustimmung der Ausländerbehörde, in diesem Fall des Amtes für Migration und Integration. Doch zur Überraschung aller lehnte die Behörde ab. Begründung: Der ortsübliche Lohn für den Job betrage deutlich mehr. Und weiter: „Bitte beachten Sie, dass die Aufnahme der Beschäftigung trotz versagter Beschäftigungserlaubnis strafrechtlich geahndet werden kann.“ Auf Nachfrage schob eine Sprecherin den Schwarzen Peter weiter: Die Bundesagentur für Arbeit habe ihre notwendige Zustimmung verweigert. Die Begründung dort schließlich lautete: der sogenannte „Entgeltatlas“, der für die Ermittlung von Löhnen ausschlaggebend sei, weise in der Region für die Lohngruppe „Helfer-Druck“ eine Bezahlung von knapp 16 Euro die Stunde aus. Daran müssten sich Arbeitgeber halten, sonst werde es nichts mit dem Arbeitsvertrag.

„Hoppla“ sagten sich die Verantwortlichen in der Druckerei, die alle Versandhilfstätigkeiten mit dem Mindestlohn von 12,82 Euro brutto vergüten. Würden sie die Flüchtlinge zum von der Behörde geforderten Lohn einstellen, würden die mehr verdienen als alle anderen. Die Folge: Die bereits geschlossenen Verträge mit den Flüchtlingen wurden gekündigt – noch vor deren erstem Arbeitstag.

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