Brand & Brilliance Cannes Lions 2025: Betrugsskandal erschüttert die Kreativbranche

Cannes Lions 2025: Betrugsskandal erschüttert die Kreativbranche

Ein massiver Betrugsskandal überschattet das diesjährige Cannes Lions Festival – und sorgt in der Kreativ- und Marketingwelt für tiefgreifende Verunsicherung. Auslöser war ein anonymer Whistleblower, der Manipulationen an der preisgekrönten Kampagne „Efficient Way to Pay“ der brasilianischen Agentur DM9 (Teil des DDB-Netzwerks) aufdeckte. Die Kampagne, die ursprünglich mit dem Creative Data Grand Prix ausgezeichnet wurde, enthielt nachweislich gefälschte Medienberichte, manipulierte Leistungskennzahlen und KI-generierte Inhalte – ein klarer Verstoß gegen die Wettbewerbsrichtlinien.

Die Folge: DM9 zog nicht nur diese Arbeit zurück, sondern auch zwei weitere preisgekrönte Kampagnen („Plastic Blood“ und „Gold = Death“), die insgesamt 12 Cannes Lions gesammelt hatten. Der Co-Präsident und Chief Creative Officer Icaro Doria trat zurück und übernahm die Verantwortung. Gleichzeitig kündigte DM9 interne Reformen an, darunter die Einrichtung eines Ethikkomitees zur KI-Nutzung.

Auch andere Agenturen gerieten unter Druck: Wie „Campaign Germany“ berichtet, steht eine weitere Agentur in der Kritik, die ohne Rücksprache mit dem Kunden – dem Sneakerhersteller New Balance – eine Kampagne eingereicht hatte. New Balance distanzierte sich öffentlich.

Die Reaktion der Festivalleitung ließ nicht lange auf sich warten: Ein verschärfter Verhaltenskodex, Transparenzpflichten bei der Nutzung generativer KI, der Einsatz von Tools zur Erkennung synthetischer Inhalte und ein unabhängiges KI-Ethik-Gremium sollen künftig für mehr Integrität sorgen.

Doch der Skandal wirft ein tiefergehendes Schlaglicht auf eine strukturelle Schieflage der Kreativbranche. In einem Gastbeitrag spricht David Pankonin, Partner bei rethink, offen aus, was viele denken: „In vielen Agenturen ist es mittlerweile gelebte Praxis, Kampagnen nicht für reale Zielgruppen, sondern für die nächste Award-Show zu entwickeln.“ Brian O’Kelley, Gründer von AppNexus und Scope3, ergänzt: „Ein Drittel der Werbebudgets wird verschwendet – weil Agenturen ihre eigene Agenda verfolgen und kritische Informationen nicht bis zum CMO vordringen.“

Der Cannes-Skandal 2025 ist mehr als ein Einzelfall. Er ist ein Weckruf an eine Branche, die sich zwischen kreativem Anspruch, technologischer Innovation und ethischer Verantwortung neu ausrichten muss. Die zentrale Frage lautet: Wie viel Künstliche Intelligenz ist erlaubt – und wann beginnt der Betrug?