Brand & Brilliance Der Mann, der das Fallen lernte – und darin das Fliegen fand

Der Mann, der das Fallen lernte – und darin das Fliegen fand

Jochen Schweizer ist mehr als ein Name – er ist ein Lebensgefühl. Vom Stuntman zum Selfmade-Unternehmer, vom Fernsehjuror zum modernen Philosophen der Freiheit. Wo andere noch Businesspläne schreiben, springt er längst. Aus Flugzeugen, in neue Märkte, ins Ungewisse. Und genau dort, im freien Fall, hat er etwas gefunden, das in keiner Bilanz auftaucht: sich selbst. In seinem Gastbeitrag für Business Punk schreibt er über die Leere nach dem Ziel – und warum echter Erfolg erst beginnt, wenn man sich selbst nicht mehr ausweicht.

Die Leere nach dem Ziel – Warum echter Erfolg erst beginnt, wenn man sich selbst nicht mehr ausweicht

Ein Gastbeitrag von Jochen Schweizer

Was passiert, wenn du gewinnst – aber dabei dich selbst verlierst?

Ich erinnere mich noch genau an den Tag, es war der 21.6.2017 – an dem ich mein Unternehmen für 108 Mio. Euro an ProSiebenSat.1 verkauft hatte. Für viele ein Ritterschlag. Die Zahlen stimmten. Das Narrativ auch. Doch innen war Leere. Kein Triumphgefühl, keine Erleichterung. Nur Stille. Nicht die gute Art von Stille. Sondern die, in der du dich fragst: Und jetzt?

Damals hielt ich das für Schwäche. Heute weiß ich: Es war der Anfang von etwas Echtem.

Ziele können täuschen – vor allem, wenn man sie erreicht hat

Viele Menschen gehen mit voller Kraft auf ein Ziel zu – und merken erst am Ende, dass es das falsche war. Das Tragische ist: Je disziplinierter und willensstärker du bist, desto effizienter erreichst du auch fremdbestimmte oder egogetriebene Ziele. Ich habe diesen Fehler selbst gemacht.

Der Exit war mein Ziel. Und gleichzeitig mein größter Irrtum. Nicht, weil der Verkauf an sich falsch war – sondern weil ich nicht gespürt habe, wofür ich das alles eigentlich wollte. Erfolg ist kein Beweis für Erfüllung. Ich war in der Lage, ein großes Unternehmen aufzubauen. Aber ich war nicht in der Lage, ehrlich mit mir zu sein.

Selbstbestimmung schützt nicht vor Selbstverirrung. Und Ziele, die nicht auf echten Werten basieren, werden auch dann nicht heilsam, wenn du sie erreichst.

Veränderung beginnt nicht im Kopf – sie beginnt im Körper

Nach dem Verkauf bin ich kayaken gegangen. In meiner Seelenheimat Norwegen und weit draußen, allein auf der offenen See. Nicht als Ablenkung. Sondern weil ich gespürt habe: Ich finde mich nicht durch Nachdenken. Sondern durch Tun.

In über 30 Jahren als Unternehmer und Extremsportler habe ich erlebt, wie stark körperliche Erfahrungen auf unsere geistige Klarheit wirken. Wenn du 220 Meter von einer Staumauer springst, kommst du anders zurück. Nicht mutiger – sondern klarer. Du hast dich gespürt. Und das verändert deine Entscheidungen.

Was früher für mich Abenteuer war, ist heute Transformation. Nicht, weil wir höher hinaus müssen. Sondern weil wir tiefer gehen müssen.

Die Psychologie spricht von „Peak Experiences“. Neurobiologisch sind es Momente, in denen sich unser System neu verschaltet. In denen du nicht nur etwas weißt – sondern es fühlst. Und genau das macht den Unterschied.

Erfolg braucht heute andere Maßstäbe

Ich glaube, wir stehen an einem Wendepunkt. Das alte Modell – „höher, schneller, weiter“ – verliert an Kraft. Nicht, weil die Menschen bequem werden. Sondern weil sie aufwachen.

Wachstum ist kein KPI. Es ist ein innerer Reifungsprozess. Die UnternehmerInnen, die ich am meisten schätze, sind heute nicht die lautesten. Es sind die stillsten. Die, die mit sich im Reinen sind. Die, die nicht führen müssen – sondern führen dürfen. Weil sie zuerst sich selbst führen.

Wir brauchen Räume, in denen Menschen sich nicht weiter optimieren, sondern sich ehrlich begegnen. Räume ohne Maske. Ohne Powerpoint. Ohne Rollen.

Freiheit ist kein Ziel, das man erreicht. Freiheit ist ein Zustand, den man zulässt. Und der erste Schritt dahin ist oft unbequemer, als man denkt: sich selbst nicht mehr auszuweichen.

Vielleicht ist das der ehrlichste Erfolg, den man erreichen kann.