Business & Beyond 100 Tage nach dem Handelsdeal – Trump würgt den deutschen Exportmotor ab

100 Tage nach dem Handelsdeal – Trump würgt den deutschen Exportmotor ab

100 Tage nach dem EU-USA-Handelsdeal zeigt sich: Deutsche Unternehmen kämpfen mit 15-Prozent-Basiszöllen und zusätzlichen Belastungen. Exportrückgang, Marktflucht und Branchenkrisen sind die Folge.

Der Handelsfrieden mit den USA hat seinen Preis – und den zahlt vor allem die deutsche Wirtschaft. Seit 100 Tagen gilt der von EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen und US-Präsident Trump ausgehandelte Zoll-Deal, der eine totale Eskalation verhindern sollte. Das Ergebnis: Ein Basiszollsatz von 15 Prozent für die meisten EU-Importe in die USA und bereits fünf aufeinanderfolgende Monate mit sinkenden Exportzahlen. Für ein Land, in dem jeder vierte Arbeitsplatz vom Export abhängt, ein alarmierendes Signal.

Autobranche: Vom Gewinner zum Verlierer

Was auf den ersten Blick wie ein Erfolg für die Automobilindustrie aussieht, entpuppt sich bei genauerer Betrachtung als Pyrrhussieg. Die US-Zölle für europäische Autos sanken zwar von 27,5 auf 15 Prozent, wie „tagesschau.de“ berichtet – doch das ist immer noch das Sechsfache der ursprünglichen 2,5 Prozent. VDA-Präsidentin Hildegard Müller sieht darin „weiterhin eine erhebliche Herausforderung für die deutsche Automobilwirtschaft“. Der Kompromiss kommt mit weiteren Belastungen. Zusätzliche Zölle auf Stahl- und Aluminiumprodukte sowie neue Abgaben auf Nutzfahrzeuge, Busse und Teile verschärfen die Situation.

„Diese ab 1. November geltenden zusätzlichen Zölle werden europäische Nutzfahrzeughersteller hart treffen“, warnt Müller laut „tagesschau.de“. Gleichzeitig muss die EU amerikanische Autos künftig zollfrei importieren – bisher galt ein Satz von zehn Prozent.

Maschinenbau: Über den Tisch gezogen

Besonders hart trifft es den deutschen Maschinenbau. Der VDMA-Verband fühlt sich regelrecht betrogen, wie „ndr.de“ dokumentiert. Auf den Basiszoll von 15 Prozent schlagen die USA bei vielen Produkten noch 50 Prozent Extra-Zoll für enthaltene Stahl- und Aluminiumanteile auf. Diese Praxis soll ab Dezember sogar auf weitere Produkte ausgeweitet werden.

Zusätzlich zur finanziellen Belastung wächst der bürokratische Aufwand. Umfangreiche Nachweispflichten, etwa zur Herkunft verarbeiteter Metalle, verkomplizieren den Handel erheblich. Die Branche rechnet angesichts dieser Entwicklungen mit sinkenden oder bestenfalls stagnierenden Umsätzen.

Pharma und Chemie: Wachstumsmotor stottert

Die deutsche Pharmaindustrie, die rund ein Viertel ihrer Exporte in die USA liefert, steht vor einer Zäsur. Der lukrative US-Markt mit Pharmazeutika im Wert von rund 600 Milliarden Dollar – doppelt so viel wie in Europa – wird durch die Zoll-Obergrenze von 15 Prozent weniger attraktiv, berichtet „ndr.de“. Während 2025 noch mit einem Wachstum von drei Prozent gerechnet wird, erwartet die Branche für 2026 bereits schlechtere Geschäfte.

Die Chemiebranche kämpft parallel mit mehreren Krisen gleichzeitig. Neben dem Zollstreit belasten teure Energie, schwache Nachfrage und ein weltweites Überangebot an Basischemikalien die Unternehmen. In die USA exportierte die Branche 2024 Waren im Wert von 10,2 Milliarden Euro. Laut „Handelsblatt“ prognostiziert der Branchenverband VCI für 2025 einen Produktionsrückgang von zwei Prozent – ohne Aussicht auf Besserung.

Business Punk Check

Der viel gepriesene „Kompromiss“ entpuppt sich als einseitiges Zugeständnis der EU an die USA. Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Deutsche Exporteure werden systematisch aus dem US-Markt gedrängt. Besonders perfide: Die Staffelung der Zölle nach Materialanteil beim Maschinenbau, die gezielt deutsche Qualitätsprodukte trifft.

Während Politiker den „abgewendeten Handelskrieg“ feiern, erleben Unternehmen die harte Realität: Marktanteile schwinden, Geschäftsmodelle erodieren. Die wahren Gewinner sitzen in Washington und Peking – letztere füllen die entstehenden Marktlücken geschickt. Für deutsche Unternehmen heißt es jetzt: Diversifizieren oder sterben. Wer weiterhin primär auf den US-Markt setzt, wird in den nächsten 24 Monaten massive Marktanteilsverluste erleiden.

Häufig gestellte Fragen

  • Welche Branchen sind am stärksten von den US-Zöllen betroffen?
    Am härtesten trifft es den Maschinenbau mit kombinierten Zöllen von bis zu 65 % (15 % Basis plus 50 % auf Metallkomponenten). Die Automobilbranche leidet unter dem Sechsfachen der ursprünglichen Zölle, während Pharma und Chemie mit Marktanteilsverlusten kämpfen.
  • Wie können mittelständische Exporteure auf die Zollsituation reagieren?
    Mittelständler sollten ihre Exportstrategie diversifizieren und verstärkt auf wachsende Märkte in Südostasien und Lateinamerika setzen. Gleichzeitig empfiehlt sich eine Prüfung der Lieferketten, um US-Zölle durch lokale Produktion oder Umgehungsstrategien zu minimieren.
  • Welche langfristigen Folgen hat der Handelsdeal für die deutsch-amerikanischen Wirtschaftsbeziehungen?
    Die einseitigen Zugeständnisse werden zu einer strukturellen Verschiebung der Handelsströme führen. Deutsche Unternehmen werden ihre US-Investitionen überdenken, während amerikanische Konzerne verstärkt den barrierefreien EU-Marktzugang nutzen werden.
  • Profitieren bestimmte deutsche Unternehmen vom Zollabkommen?
    Nur wenige: Deutsche Hersteller mit US-Produktionsstandorten wie BMW, die SUVs für den europäischen Markt in Amerika produzieren, können vom zollfreien EU-Import profitieren. Auch Unternehmen mit starken Marktpositionen, die Preiserhöhungen durchsetzen können, haben Vorteile.
  • Wie wirkt sich der Handelsdeal auf Startup-Expansionen in die USA aus?
    Für Technologie-Startups mit digitalen Geschäftsmodellen sind die Auswirkungen begrenzt. Hardware-Startups hingegen sollten ihre US-Expansionspläne überdenken und stattdessen auf lokale Produktionspartnerschaften oder alternative Märkte setzen.

Quellen: „tagesschau.de“, „ndr.de“, „Handelsblatt“