Business & Beyond Bürgergeld-Zoff: Die Betrüger werden immer dreister

Bürgergeld-Zoff: Die Betrüger werden immer dreister

Mafiöse Strukturen im Visier

Auch ein angeblich in Bremen wohnendes Ehepaar hat sich, wie inzwischen nachgewiesen, spektakulär Bürgergeldleistungen erschlichen. Ein niedersächsisches Gericht verurteilte das Paar zur Rückzahlung von 33 000 Euro. Die beiden hätten Behörden und Gerichte über ihren Aufenthaltsort getäuscht, erklärte das Gericht bei der Urteilsbegründung. 

Laut Gericht bezog das Paar seit 2014 in Bremen Grundsicherung, somit das frühere Hartz IV und heutige Bürgergeld. 2018 fiel der Bundespolizei bei einer Einreise der Eheleute am Bremer Flughafen dann jedoch auf, dass Stempel in den Pässen auf einen mehrjährigen Auslandsaufenthalt schließen ließen. Das Jobcenter forderte daher Geld zurück: Das Paar habe sich ohne Zustimmung im Ausland aufgehalten und für die Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung gestanden.

Das Ehepaar jedoch bestritt einen Auslandsaufenthalt und klagte, weshalb es zu einem Prozess kam. Die beiden benannten Zeugen für ihren Aufenthalt in Deutschland und sie verlangten einen Gegenbeweis vom Jobcenter, aber ohne Erfolg.

Nach „umfassender Beweisaufnahme“ bestätigte das Gericht mit Urteil vom 24. Januar die Rechtsauffassung des Jobcenters. Es gebe „keine belastbaren Nachweise“ für einen Aufenthalt der Klägerin und des Klägers in Deutschland. Insofern seien diese „beweispflichtig“ – nicht das Jobcenter. Nach Angaben des Gerichts wurde die vom Jobcenter finanzierte Wohnung des Paares in Bremen nachweislich nicht bewohnt. Der Mann besitze zudem einen Mitarbeiterausweis einer nigerianischen Transportfirma, die Frau eine Zulassung als Rechtsanwältin in Nigeria, hieß es. In Deutschland gingen sie keiner Arbeit nach. Ein Aufenthalt in Deutschland sei auch schon deswegen eher zweifelhaft, weil alle Kinder in Nigeria zur Schule gingen.

Diese Fälle hatten die Koalition ursprünglich zur Reform des Bürgergelds getrieben, die aber jetzt erstmal verschoben ist. Kern der neuen Pläne war es, die Verbindlichkeit für Empfänger deutlich zu erhöhen. „Jede arbeitslose Person hat sich aktiv um Beschäftigung zu bemühen“, heißt es im Papier der Koalition. Bei Fehlverhalten der Bürgergeld-Beziehenden sollten die Jobcenter „schneller, einfacher und unbürokratischer“ Sanktionen verhängen können. 

Doch ganz so einfach ist das jetzt nicht. Das Bundesverfassungsgericht hat 2019 klargestellt, dass Sanktionen von mehr als 30 Prozent des Regelbedarfs nicht mit dem Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum vereinbar sind. Den Regelsatz und die Unterkunftskosten ganz zu streichen, ist daher mit hohen rechtlichen Hürden verbunden.

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