Business & Beyond Rohstoff-Poker: Wie China die Autoindustrie in die Knie zwingt

Rohstoff-Poker: Wie China die Autoindustrie in die Knie zwingt

Mehr als nur ein Autothema

Die Problematik reicht weit über die Automobilindustrie hinaus. Seltene Erden sind Schlüsselkomponenten für zahlreiche Zukunftstechnologien – von Offshore-Windkraftanlagen über Medizintechnik bis hin zur Rüstungsindustrie. Laut Berichten benötigt ein einzelnes F-35-Kampfflugzeug mehr als 400 Kilogramm Seltenerdmetalle, ein U-Boot sogar die zehnfache Menge.

„Die Knappheiten bei seltenen Erden nehmen weiter zu und stellen die Unternehmen vor immer größere Herausforderungen“, betont ZVEI-Chef Weber. Sein Appell: Die EU-Kommission müsse deutlicher intervenieren. Doch genau hier liegt das Problem – Europa hat die strategische Bedeutung dieser Rohstoffe jahrelang unterschätzt.

Versäumnisse rächen sich

Zwar existiert auf EU-Ebene bereits der „Critical Raw Materials Act“, der für mehr Unabhängigkeit in den Lieferketten sorgen soll. Doch der Aufbau eigener Produktionskapazitäten braucht Jahre – Zeit, die die Industrie angesichts der aktuellen Engpässe nicht hat. China hatte seine Rohstoffmacht bereits 2010 einmal als politisches Druckmittel gegen Japan eingesetzt. Die Warnung wurde im Westen offenbar nicht ernst genug genommen.

„Westliche Regierungen und Unternehmen haben die Erkundung alternativer Quellen nicht ausreichend unterstützt“, kritisiert Scott Eldridge vom kanadischen Minenunternehmen Military Metals. „Immerhin war China eine zuverlässige Quelle – aber nur einen Handelspartner zu haben, sorgt vorhersehbar für exakt solche Szenarien.“

Rohstoffe als geopolitische Waffe

Die aktuelle Krise markiert einen Wendepunkt in der globalen Wirtschaftsordnung. Rohstoffe werden zunehmend als geopolitisches Instrument eingesetzt – eine Entwicklung, die sich in den kommenden Jahren noch verstärken dürfte. Für die europäische Industrie bedeutet dies einen schmerzhaften Anpassungsprozess.

Kurzfristig bleibt nur die Hoffnung auf diplomatische Lösungen und eine Beschleunigung der Lizenzverfahren. Mittelfristig müssen Alternativen her: Die Erschließung neuer Rohstoffquellen außerhalb Chinas, die Entwicklung recyclingfähiger Materialkreisläufe und die Forschung an Substituten für kritische Rohstoffe. Die Lehre aus der aktuellen Krise ist eindeutig: Wer die Kontrolle über strategische Ressourcen aufgibt, verliert auch die Kontrolle über seine industrielle Zukunft. Die nächste Rohstoffkrise kommt bestimmt – die Frage ist nur, ob Europa dann besser vorbereitet sein wird.

Quellen: T-Online, ntv, Merkur, Focus

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