Work & Winning Weniger arbeiten, mehr leben: So funktioniert Downshifting wirklich

Weniger arbeiten, mehr leben: So funktioniert Downshifting wirklich

Raus aus dem Hamsterrad, rein ins Leben: Downshifting verspricht mehr Freizeit durch reduzierte Arbeitszeit. Doch funktioniert das Konzept tatsächlich? Ein Blick auf Chancen, Risiken und praktische Umsetzung.

Die Gleichung klingt verlockend einfach: Weniger Arbeit gleich mehr Lebensqualität. Während die klassische Karriereleiter steil nach oben führt, entscheiden sich immer mehr Menschen bewusst für den Schritt zurück. Downshifting nennt sich dieser Trend, bei dem Arbeitszeit, berufliche Verantwortung oder sogar das gesamte Karrieremodell heruntergeschraubt werden – zugunsten von mehr Freizeit, Selbstbestimmung und persönlicher Erfüllung. Doch hält das Konzept, was es verspricht?

Der Ursprung einer Gegenbewegung

Die Idee des Downshiftings ist keineswegs neu. Bereits 1991 prägte die amerikanische Ärztin Amy Saltzman den Begriff in ihrem Werk „Downshifting: Reinventing Success on a Slower Track“. Seitdem hat das Konzept vor allem bei Menschen Anklang gefunden, die sich im Kreislauf aus übermäßiger Arbeit und Konsum gefangen fühlen. Im Kern geht es darum, beruflich einen Gang zurückzuschalten – sei es durch Teilzeitarbeit, den Wechsel in eine weniger stressige Position oder gar einen kompletten Berufswechsel hin zu einer sinnstiftenderen, wenn auch möglicherweise schlechter bezahlten Tätigkeit.

Was die Forschung sagt: Erwartung vs. Realität

Interessanterweise zeigt die Wissenschaft ein differenzierteres Bild als die gängigen Downshifting-Ratgeber. Eine Studie aus dem Jahr 2013 konnte keine direkten positiven Auswirkungen von Downshifting auf die Lebensqualität nachweisen. Die Forscher betonen jedoch, dass weitere Untersuchungen nötig seien, bevor endgültige Schlüsse gezogen werden können.

Auch die Annahme, dass weniger Arbeit automatisch zu nachhaltigerem Konsum führt, wird nur teilweise bestätigt. Eine Studie von 2020 zeigt, dass Downshifter ihr Konsumverhalten zwar verändern – etwa durch mehr Secondhand-Käufe oder bewusstere Kaufentscheidungen – dies jedoch primär aus finanziellen Gründen tun und nicht aus Umweltbewusstsein. Überraschenderweise stieg in der Untersuchung sogar die Häufigkeit von Urlaubsreisen bei den Teilnehmenden.

Die Geschlechterfrage

Ein bemerkenswertes Muster: Frauen entscheiden sich häufiger für Downshifting als Männer. Die Forschung zeigt, dass der Wunsch nach mehr Zeit für Kinder und Familie ein wesentlicher Treiber ist. Allerdings stellt sich die Frage, ob dies eine freie Entscheidung darstellt oder durch die ungleiche Verteilung von Care-Arbeit bedingt ist. Der hohe Zeitaufwand für unbezahlte Sorgearbeit könnte Frauen regelrecht in reduzierte Arbeitsmodelle drängen.

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