Leadership & Karriere Lampenfieber: Kein Grund, nervös zu werden

Lampenfieber: Kein Grund, nervös zu werden

Vor anderen sprechen zu müssen macht viele Menschen brutal nervös. Falls du auch dazu gehörst, bist du in guter Gesellschaft: Einige der größten Bühnenprofis aller Zeiten hatten vor ihren Auftritten anfangs gewaltig die Hosen voll. Souveräne Redner werden gemacht, nicht geboren. Eine Starthilfe

Lampenfieber ist eine Folge von gefühltem Leistungsdruck. Viele glauben, als Redner müssten sie vor allem ‚authentisch‘ rüberkommen – nämlich souverän und überhaupt als der Geilste. Und das geht doch nicht, wenn man vor Nervosität bibbert… Schon deshalb ist der Begriff ‚authentisch‘ in diesem Zusammenhang verfehlt, finde ich. Er baut eine schiefe Erwartungshaltung auf. Nicht die wenigsten, sondern die meisten Redner müssten vor Nervosität erst mal auf die Bühne kotzen, um ihr nachzukommen. Das wäre authentisch.

Warren Buffett, man glaubt es kaum, hat vor den ersten Auftritten seiner Karriere genau das getan. Nicht auf der Bühne, aber dahinter. Im College mied er sogar bewusst Kurse, bei denen ein Referat gehalten werden musste.

Er ist nicht das einzige rhetorische Schwergewicht, das erst souverän werden musste. Winston Churchill ist oft als geborener Redner bezeichnet worden. Tatsächlich hatte er anfangs oft einen Blackout, wenn er sich öffentlich äußern musste. Churchill hatte sogar noch ein zusätzliches Handicap zu überwinden: Er lispelte zunächst. Sein Zeitgenosse George VI. stotterte früher sogar, bevor er zu einem gefeierten Redner wurde. Seinen Werdegang als König wie als Redner zeichnet der Oscar-prämierte Film „The King’s Speech“ auf beeindruckende Weise nach. Ein echter Motivationsfilm für Lampenfieber-Geplagte.

Nervosität ist kein Drama und kein Zeichen für Schwäche. Nervosität ist Teil des Spiels. Souveräne Redner werden nicht geboren. Sie werden gemacht. Nämlich mit der Zeit und durch Übung. Für den Anfang können dir ein paar einfache Tipps als Starthilfe dienen. Vielen helfen sie schon ein großes Stück weit über den Berg.

Ein großer Unsicherheitsfaktor ist die Sorge, dass das Publikum uns das Lampenfieber ansehen kann. Hier kann ich Entwarnung geben: Kann es in den meisten Fällen nicht. In dieser Hinsicht schätzen wir die eigene Wirkung nicht nur bei Redeauftritten sehr oft falsch ein: Die Abstufungen von Empfindungen sind nach außen kaum sichtbar. Wir können nicht sehen, wie verliebt jemand ist. Wir können nicht sehen, wie hungrig jemand ist. Und auch nicht, wie nervös jemand wirklich ist. Das erlebt der Sprechende selbst ganz anders als seine Zuhörer.

Die meisten Menschen glauben zum Beispiel, sie werden vor Publikum rot. Ich kann dir versichern: Die wenigsten werden wirklich rot. Und: Selbst wenn du rot wirst, ist es den Zuhörern völlig egal. Die wenigsten Anzeichen von Nervosität, die wir selbst spüren, sind für andere tatsächlich sichtbar. Selbst wenn wir innerlich völlig zusammenbrechen, bekommt das Publikum davon kaum etwas mit. Wenn nicht gerade deine Mutter vor dir sitzt, die dich schon dein Leben lang kennt, merkt meistens kein Mensch, dass du besonders aufgeregt bist.

Wie so oft findet das Problem mit der Nervosität nur im eigenen Kopf statt. Den Großteil unserer Nervosität produzieren wir selbst. Unser Monkey Mind macht sich alle möglichen und unmöglichen Gedanken: Hoffentlich funktioniert der Beamer. Hoffentlich halte ich die Zeitvorgabe ein. Hoffentlich vergesse ich nichts… All das dreht im Kopf seine Kreise, und wir steigern uns immer weiter in die Aufregung hinein.

Dagegen hilft eine einfache Übung: Atem-Wahrnehmung. Zähle vor dem Auftritt mal eine Minute lang deine Atemzüge. Nimm eine Uhr zur Hand und versuche, es auf etwa vier Atemzüge in der Minute zu bringen. Entspannt, nicht auf Krampf – es kommt nicht auf die Zahl an. Diese physische Beruhigungsstrategie bringt dich auch mental sehr effektiv runter und hilft dir beim Fokussieren.

Wenn du beim Betreten der Bühne trotz allem Panik bekommst, dein Herz bis zum Hals schlägt und deine Atemfrequenz plötzlich der von einem Mops nach der Platzrunde entspricht: Nur die Ruhe. Nimm dir erst mal ein paar Sekunden um anzukommen, bevor du sprichst. Das wird nicht als störend wahrgenommen, sondern sogar als effektvoll. Kontrolliere zunächst deine Atmung und schau erst in dem Moment direkt ins Publikum, wenn du zu sprechen beginnst. Sogar Redner, die vor dem Auftritt eine veritable Krise kriegen, verlieren ihre Nervosität oft, sobald sie ins Reden kommen. Ein starker erster Satz, der sofort positive Reaktionen erzeugt, hilft dabei.

Abschließend noch eine Beruhigungspille mit Langzweitwirkung: Es wird immer leichter. Je öfter du vor anderen sprichst, desto gelassener wirst du. Und immer besser dazu. Garantiert. Der ultimative Tipp gegen Nervosität vorm Reden ist – reden.

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