Green & Sustainability Das gute Geschäft: Diese Gründer versuchen, mit ihrem Business Gutes zu tun

Das gute Geschäft: Diese Gründer versuchen, mit ihrem Business Gutes zu tun

Die Betriebswirtin mit Schwerpunkt Soziales und Gesundheitsmanagement schrieb einen Business­plan, mietete eine Backstube in München und gründete 2015 Kuchentratsch. Das Geschäftsmodell ist simpel: Omas und Opas backen ihre Lieblingskuchen, sie arbeiten, so oft sie können und mögen, Mayer zahlt ihnen Mindestlohn. Die Kuchen werden in einem kleinen Café vor der Backstube verkauft und deutschlandweit verschickt. 33 Omas und zwei Opas backen für sie, 500 bis 700 Kuchen liefern sie in der Woche aus an Cafés, Hotels oder auch mal eine Hochzeitsparty.

Finanziert hat sie ihr Start-up über Crowdfunding, 25 000 Euro kamen so zusammen, hinzu kamen Preisgelder bei einem Gründerwettbewerb und Zuschüsse aus der Familie. Einen Kredit hat sie nicht. „Unsere Investitionen sind überschaubar, wir produzieren hier keine Autos, sondern Kuchen“, sagt Mayer. Was sie braucht, sind gute Öfen, Backbleche und Mixer (die zum Teil ­Firmen spendeten). Gegründet hat sie ihr ­Sozialunternehmen als Mini-GmbH, eine Unternehmergesellschaft (UG), da reicht als Stammkapital ein Euro.

Katharina Meyer (2.v.l.) und Anna Bründermann aus München präsentieren mit „Kuchentratsch“ eine Backstube in der Seniorinnen und Senioren leckere Kuchen backen. Verkauft werden diese über den Kuchenversand deutschlandweit an Privatpersoenen. Sie erhoffen sich ein Investment von 100.000 Euro für 10 Prozent der Anteile an ihrem Unternehmen.

 

Seit der Gründung wächst das Unternehmen quasi stückchenweise, sieben Vollzeitangestellte plus Praktikanten zählt der Betrieb inzwischen. Die Umsätze steigen, und sie haben die Gewinnzone erreicht. Mayer will gerne weiterwachsen, vielleicht eine zweite Backstube in einer anderen Stadt eröffnen. Denn sie hat regen Zulauf, die älteren Leute schätzen den Treffpunkt, einige auch den Zuverdienst als Minijobber. Die meisten Senioren kommen aus Altenheimen in der Nachbarschaft. „Mit Kuchentratsch wollte ich was Gutes tun und die Gesellschaft mitgestalten“, sagt die Sozialunternehmerin, die von ihrem Betrieb selbst leben kann. Beim Pitch in der „Höhle der Löwen“ haben Dagmar Wöhrl und Carsten Maschmeyer 100 000 Euro gemeinsam investiert und zehn Prozent der Firma übernommen. „Als ich die Kuchen in der Show sah, dachte ich erst: ,Das ist nicht mein Ding.‘ Dann aber überzeugte mich die Gründerin“, begeistert sich Maschmeyer. Ältere Menschen könnten so ihre Rente aufbessern und bekämen zudem wieder mehr Anschluss. „Die ist keine naive Träumerin, die will schon ein richtiges Unternehmen hochziehen.“ Zudem habe er an seine Großmutter denken müssen: „Die Kuchen schmecken einfach anders, besser als eine Retor­tentorte.“ Mayer will mit dem Kapital ins Ausland expandieren und einen zweiten Standort eröffnen.

Ihr ist damit gelungen, wo­ran nicht wenige scheitern. Die richtige Balance zu finden zwischen Wirtschaftlichkeit und sozialem Engagement. Die Finanzierung stellt viele vor erhebliche Probleme, so die Beobachtung der Social-Business-Berater in München. Viele neigten zur Selbstausbeutung, sagt Domnik, und gäben irgendwann auf. Nicht selten sei der Eifer nämlich größer als das betriebswirtschaftliche Know-how. „Für Sozialunternehmer, die häufig einen sozialen Hintergrund haben, ist das ganze Management eines Betriebs oft befremdlich und nicht das, wofür sie brennen.“ Domnik rät: eine „anständige Frühphasenförderung“. Zwar schafften viele den ersten Schritt, scheiterten dann aber daran, mehr Kapital einzusammeln, um weiterzuwachsen. Zudem hätten private Investoren zu häufig die „klassische Geschäftsbrille“ auf und damit falsche Renditeerwartungen. „Soziale Unternehmen müssen sie anders bewerten, ihre Währung ist auch der gesellschaftliche Mehrwert.“ Der aber sei schwer messbar. Klassische Kapitalgeber müssten erst lernen, diesen Wert zu erkennen.

Mitarbeiter statt Flüchtlinge

Dass sich ein soziales Business sogar in einer Branche mit knallhartem Ruf realisieren lässt, zeigt das Beispiel von Social-­Bee in München. Hinter dem Namen steckt eine Zeitarbeitsfirma mit sozialem Anspruch. Die beiden Gründer, Zarah Bruhn und Maximilian Felsner, beide 27 Jahre, sind angetreten, das Geschäft „neu zu interpretieren“. Social-Bee verleiht und vermittelt Flüchtlinge gegen Gebühr an Arbeitgeber. Zu den Kunden zählen Aldi, Würth, Zeppelin oder Sys Microtech, aber auch Mittelständler und Kleinunternehmen aus dem Großraum München.

Doch anders als bei normalen Zeitarbeitsfirmen fließen bei Social-Bee alle Gewinne zurück in die Förderung der Mitarbeiter. Denn das 2015 gegründete Unternehmen ist gemeinnützig. „Geld verdienen“, sagt Bruhn, „ist nur Mittel zur Selbsterhaltung, zur Unabhängigkeit. Der Impact steht an vorderster Stelle.“ Die Zeitarbeitsfirma übernimmt den Auswahlprozess sowie den Papierkram, veranstaltet Workshops zur Arbeitskultur und Sprachtrainings und bereitet jeden auf die zu besetzende Stelle vor. „So bauen wir möglichst viele Hemmnisse bei Unternehmen ab und machen Inte­gration auf Unternehmensseite einfach realisierbar“, sagt Bruhn.

Über 50 Personen hat das Startup unter Vertrag. Über ein Dutzend von ihnen hat inzwischen eine Festanstellung. „Bis Ende des Jahres wollen wir 100 Mitarbeiter haben, auch in weiteren Städten“, hoffen die Gründer. Läuft alles gut, sollen bis zu 1 000 Flüchtlinge in den kommenden drei Jahren vom Mitarbeiter zum Ex-Mitarbeiter von Social-Bee werden. Für die Vermittlung nehmen die Kandidaten kurze Videoclips auf. Die Bewerber stellen sich vor, sagen, wer sie sind, welchen Job sie suchen und was sie über Deutschland denken. Auch das soll Vorurteile abbauen. Das Bewerbungstool stammt von Talentcube, einem Startup, das 2017 in der „Höhle der Löwen“ Carsten Maschmeyer als Investor überzeugte.

Bislang haben Bruhn und Felsner die Entwicklung ihres Startups aus eigener Tasche und mit Freunden finanziert. Unterstützung gab es auch durch eine Pro-bono-Aktion der Werbeagentur Jung von Matt, die für Social-Bee eine provokante Kampagne entwickelte. „Ich habe mit 85 Menschen in einem kleinen Schlauchboot überlebt“, sagt da etwa Zeray G. aus Eritrea – und folgert da­raus: „Ich bin teamfähig.“ Damit erregte Social-­Bee Aufsehen, handelte sich aber auch Kritik ein. Die Gründer wollen mit der Aktion vor allem ein Signal senden: Wer geflüchtet ist, ist kein schwächerer Kandidat auf dem Arbeitsmarkt. „Das Erlebte kann sich in eine Stärke verwandeln“, sagt Felsner.

Dass sozialer Nutzen, faires Wirtschaften und Rendite vereinbar sind, davon sind alle Sozialgründer überzeugt. Paul Bethke hat erlebt, wie attraktiv seine „gute Limo“ ist. Der Discounter Lidl stellte kürzlich eine Flasche ins Regal, die Lemonaid verdächtig ähnlich sah – bloß ohne Bio, Fairtrade und sozialen Beitrag. „Die schmücken sich mit unseren Werten, ohne was dafür zu tun“, sagt Bethke. Er beschwerte sich beim Lidl-Vorstand, der Konzern nahm den Klon daraufhin wieder aus dem Regal. Auf die Idee, die echte Lemonaid zu verkaufen, ist Lidl nicht gekommen. „Wir hätten denen das gerne angeboten“, sagt Bethke. Es wäre ein großes Ding gewesen, ein Geschäft ganz nach seinem Geschmack.

Neue Ausgabe: Die Höhle der Löwen #2

Die zweite Ausgabe zur neuen Staffel von „Die Höhle der Löwen“ ist da. Ein Heft über Gründer, ihre Ideen und Produkte – das die Geschichten hinter der erfolgreichsten deutschen Gründershow erzählt und erfolgreiche Unternehmer porträtiert. Für alle Fans der TV-Show und alle die davon träumen, etwas Eigenes zu wagen. Ab 13. November am Kiosk erhältlich – oder hier direkt online.

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