Leadership & Karriere Achtung Hypergrowth: Tipps gegen den Wachstumsschmerz

Achtung Hypergrowth: Tipps gegen den Wachstumsschmerz

Ein Gastbeitrag von Wybo Wijnbergen

Die Zahl der Kunden steigt stetig und im Wochentakt werden neue Mitarbeiter eingestellt. Schnell wachsen will jedes Unternehmen – rund 76 Prozent der befragten Jungunternehmen im aktuellen Startup-Monitor von KPMG gaben an, dass ihnen schnelles Wachstum wichtig ist. Doch um vor lauter Expansion nicht das gewisse Etwas zu verlieren, das das eigene Unternehmen erst wirklich erfolgreich gemacht hat und gleichzeitig die Moral im Team hochzuhalten, gilt es einiges zu beachten. Hier sind vier Learnings, die euch helfen können, die größten Wachstumsschmerzen zu vermeiden.

# Nicht auf starre Konzepte setzen

Ein durchdachter Businessplan ist entscheidend. Das eigene Geschäft ohne konkreten Fahrplan skalieren zu wollen, ist, als würdet ihr ohne Licht eine dunkle Landstraße entlang fahren – ohne zu wissen, was auf euch zukommt. Erst eine gute Planung lässt realistische Entwicklungsszenarien skizzieren und finanzielle und personelle Ressourcen vorausschauend planen.

Aber mindestens so wichtig wie ein Plan ist die Erkenntnis, dass er immer wieder angepasst werden muss. Unser CEO hat einmal gesagt, sein größtes Talent ist “Change”, also die Anpassungsfähigkeit an ständige Veränderungen, und ich glaube, dass dies sowohl eine starke Eigenschaft einer Führungskraft als auch eine nützliche Anleitung für ein Team ist. Gut beraten ist, wer ein Unternehmen als einen sich ständig weiterentwickelnden Prozess betrachtet, denn Unternehmenswachstum und -veränderung sind zwei Seiten derselben Medaille. Für die Praxis empfehle ich daher, auf Mitarbeiter zu setzen, die diese Denkweise leben, und Rückschläge nicht als Misserfolg begreifen, sondern als Lernmoment.

Gleichzeitig wächst in der Hypergrowth-Phase auch die gesellschaftliche Verantwortung. Daher solltet ihr euch immer auch die Frage stellen: Welchen Beitrag können wir als Unternehmen leisten, um die Menschen und Communities um uns herum positiv zu beeinflussen? Die Antwort darauf sollte in jedem Fall ein wichtiger Bestandteil eures Plan werden. Ansatzpunkte hierfür sind etwa eine nachhaltige Lieferkette oder die Zusammenarbeit mit regionalen Partnern.

# Authentizität und Mission in Einklang bringen

Für unseren eigenen Interviewprozess haben wir Fragen-Sets entwickelt, die darauf ausgelegt sind, zu erfahren, woraus unsere Bewerber Motivation ziehen. Hierdurch können wir proaktive Teamplayer einstellen, die anpassungsfähig aber zielorientiert sind und unternehmerisch denken – Eigenschaften, die im Hypergrowth essentiell sind. Auf Management-Ebene schaue ich neben fachlicher Kompetenz vor allem auf Authentizität: Wer klare Ziele vorgibt und ein Team klug führt, der sollte sich nicht scheuen, auch selbst um Unterstützung zu bitten und ehrlich mit eigenen Schwächen umzugehen.  Der Teamzusammenhalt und eine offene Unternehmenskultur können davon nur profitieren.

# Das Team einbinden

Ein wichtiges, wenn nicht sogar das wichtigste Zauberwort in Zeiten schnellen Wachstums lautet Vertrauen. Und zwar Vertrauen in die eigenen Mitarbeiter. Denn hoher Druck innerhalb der Führungsebene führt nicht selten dazu, dass Prozesse von oben herab micromanaged und kontrolliert werden. Doch Vorsicht: Niemand kann alles alleine machen. Und ihr habt eure Teammitglieder schließlich eingestellt, weil sie wissen, was sie tun – sie sind die Experten in ihrem Fach, ihr solltet also keine Angst davor haben, sie entsprechend selbstständig arbeiten zu lassen.

Daher ist es wichtig, bestehende Mitarbeiter in den Wachstumsprozess mit einzubeziehen. Dem Team sollte ermöglicht werden, Feedback zu wichtigen Themen wie der Unternehmenskultur oder Organisationsstrukturen zu geben. Helfen können hier regelmäßige Umfragen, informelle Lunch and Learn-Termine oder spezielle Task Forces, in denen Mitarbeiter gezielt bestimmte Themen vorantreiben. Neben fachlichen Lösungen können diese Treffen den Zusammenhalt im Team stärken und sollten dadurch vom Management gefördert werden. Auch ein durchdachtes Office-Design mit Gemeinschaftsflächen und Hot Desk Lösungen kann dazu beitragen, den offenen Austausch und das Miteinander zu stärken. 

# Nicht Wasser predigen und Wein trinken

Grundsätzlich sollten alle Veränderungen, die schnelles Wachstum mit sich bringt, von oben vorgelebt werden. Ihr möchtet zum Beispiel, dass euer Team bestimmte Tools nutzt oder sich in Meetings nur auf das Wesentliche konzentriert? Dann lebt es vor und geht mit gutem Beispiel voran! So können neue Verhaltensmuster in die Unternehmenskultur einfließen und Veränderungen durch gezielte Maßnahmen vorangetrieben werden.

Auch wenn es keine einfache Aufgabe ist, wer sich an bestimmte Grundregeln hält, dem kann es gelingen, das Hypergrowth so problemlos und sozialverträglich wie möglich zu gestalten: Setzt euch klare Ziele und justiert bei Bedarf nach, bezieht euer Team so häufig wie möglich ein, sucht euch die richtigen Talente und lebt den Wandel vor – dann sollten euch Wachstumsschmerzen keine größeren Probleme bereiten.

Wybo Wijnbergen ist General Manager für Nordeuropa bei WeWork. Das Unternehmen wächst enorm und hat in EMEA kürzlich 100.000 Mitglieder erreicht. Wybo verfügt über mehr als zwanzig Jahre Erfahrung als Unternehmer und Manager auf verschiedenen Kontinenten, kommt aus Amsterdam und lebt heute mit seiner Familie in Berlin. Bei WeWork schätzt er insbesondere die Community und setzt sich dafür ein, Unternehmen jeder Größe und Branche zur Zusammenarbeit anzuspornen.

 

 

 

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