Leadership & Karriere Als „Agentur für Lovebrands“ arbeiten David+Martin nur, wenn die Chemie stimmt

Als „Agentur für Lovebrands“ arbeiten David+Martin nur, wenn die Chemie stimmt

In wohl keiner Branche verkauft man schneller seine Seele als in der Werbung. Eine Kreativagentur will das ändern und kickt auch schon mal einen Kunden, wenn der zum Arschloch wird.

„Natürlich war das eine völlige Idiotenidee“, sagt David Stephan. Aber er hatte sich das mit seinem besten Freund Martin Eggert eben so schön ausgemalt: eine Bar als Agentur – tagsüber Kreativkonzepte ausdenken, abends mit Cocktails darauf anstoßen. Nur weil etwas eine völlige Idiotenidee ist, heißt das ja nicht, dass man sie nicht weiterverfolgen sollte. Leider mussten die beiden schnell einsehen, dass sie sich als Rookie-Werber die Ablöse für eine echte Bar in München nicht leisten konnten. Also Plan B: selbst eine aufmachen. 2016 brauchten Eggert und Stephan neue Räume für ihre Agentur David+Martin. Fündig wurden sie in einem Dachgeschoss in der Nähe des Viktualienmarkts und ließen dort umbauen. Fixpunkt ihres neuen Büros wurde eine voll ausgestattete Bar mit mächtigem Tresen, Profi-Kühlschubladen und tadelloser Schnapsauswahl. Wenn eine anderthalb Jahre alte Agentur einen nicht unerheblichen Teil ihres Umbaubudgets von 200 000 Euro in die Bürobar steckt, dann bleibt das schon ein bisschen eine Idiotenidee.

Andererseits, wenn man seit Jahren genau dieses fixe Bild von einem selbst mit Laptop auf dem Tresen und Gin Basil Smash daneben in sich trägt, warum nicht einfach machen, sobald sich ein passender Vorwand findet? Irgendwo muss man ja Kunden empfangen, Bewerbungsgespräche führen, den Frust über nervige Klienten runterspülen. Außerdem ist die Bar ein Statement, das die Kompetenz von David+Martin betonen soll. Die meisten Kunden kommen aus dem Food-and-Beverage-Bereich. Und auch in Sachen Employer-Branding erfüllt der Tresen seinen Zweck. Neulich habe er mitten in der Nacht vom Alarmsystem eine Push-Nachricht bekommen, erzählt Eggert. Jemand sei in der Agentur herumgeschlichen. Aber alles gut. Es war ein Mitarbeiter, der mit Kumpels im Büro Station gemacht hatte. „Was für ein geileres Kompliment gibt es denn für dich als Arbeitgeber“, sagt Eggert und strahlt, „als wenn Mitarbeiter um Mitternacht am Wochenende in die Agentur gehen, um zu trinken.“

Ein Satz, der klingt wie aus dem Fiebertraum eines Commitment-Beraters. Der aber tief blicken lässt ins Selbstverständnis der Gründer, die schon im Namen ihrer Agentur klarmachen, worum es geht: David und Martin. Keine fernen Großkreativen, sondern zwei Typen, mit denen man an der Bar abhängt, Hip-Hop hört und Margaritas trinkt. „Wir müssen andere Dinge anbieten als die großen Agenturen“, sagt Stephan. Was nicht heißt, dass sie jeden nehmen, der auf einen Drink rumkommt. „Wir stellen nur Leute ein, mit denen wir, salopp gesagt, auch in den Urlaub fahren würden“, sagt Eggert. Ohne Zwang sei aus dem Mix von Bar-Benefits und Buddy-Policy eine extrem starke Firmenkultur entstanden.

Vielleicht ist die nicht immer ultra-compliance-gerecht, aber den Gründern so wichtig, dass sie sich lieber vom größten Kunden getrennt haben, als ihre Kultur zu gefährden: Im Frühjahr 2016 hatte David+Martin unter anderem den Werbegiganten Serviceplan ausgestochen und war Lead-Agentur von Hacker-Pschorr geworden. Kürzlich, nach etwas mehr als drei Jahren, sei allerdings wenig geblieben von Zusammenarbeit auf Augenhöhe und dem Gefühl einer wertschätzenden Partnerschaft, so Eggert. „Hier geht es viel um unser Selbstverständnis als Gründer, Berater, Unternehmer und unsere Idee von Selbstständigkeit.“ Dann lieber die Reißleine beim Kunden ziehen als ein Fuck-up im Team.

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