Ablage Meer als Büro: Wie das Verlassen des Arbeitsplatzes den Ideenfluss fördern kann

Meer als Büro: Wie das Verlassen des Arbeitsplatzes den Ideenfluss fördern kann

Pitch bei Waffel

Dann habe ich noch ein paar Tabs mit dem Gig-Portal Fiverr.com offen – wer kann mir für ein paar Euro behilflich sein? Allerdings brauche ich, merke ich mit einem Blick aufs Meer vor Ibiza, vielleicht zunächst einmal eine kreative Auszeit. Ich schlurfe an die Bar auf Deck acht und bestelle mir eine Waffel mit Vanilleeis, warum nicht? Machen die Kinder hier am Pool genauso, und ist es nicht die Naivität und Reinheit, die uns auf frische Gedanken bringt? Ich meine mich an gleich mehrere Ted Talks in diese Richtung zu erinnern.

Ein älterer Herr sitzt neben mir. Wir kommen ins Gespräch, und er will wissen, was ich an Bord mache, offenbar nehme nicht nur ich selber mir die Fünf-Sterne-Plus-Urlauberkategorie nicht ab. Räuspern, also, mein erster Pitch: „Es gibt immer mehr ältere Menschen“, erkläre ich und komme mir albern vor. „Gleichzeitig wird immer mehr via Onlinehandel bestellt. Die älteren Menschen sind Anlaufpunkt für Auslieferer, weil die wenigstens tagsüber zu Hause anzutreffen sind. Weiterhin sind diese Menschen oft Haustierhalter. Wäre es also nicht sinnvoll, wenn die auf ihren Gassirouten die angenommenen Pakete gegen eine Gebühr in der Nachbarschaft ausliefern? Als Last-Half-Mile-Service? Das würde auch den Verkehr entlasten, immerhin parkt der Bote dann nur einmal.“

Der ältere Herr legt nachdenklich den Kopf zur Seite und sagt: „Viel Glück.“ Dabei hatte ich gar nicht den Rest erzählt: dass man beim Check-out gleich die Box „Deliverdog“ ankreuzen kann und damit den Gassigehern 1 Euro spendet. Davon landet ein Teil bei mir. Na ja. Ich sitze weiter vor meiner Waffel. Gefühl: ordentlich verkackt. Und: Brauche ich etwa NDAs?

Am Abend werde ich mit ein paar jungen Bloggerinnen in einem der mehreren Restaurants an einem Tisch platziert. Die Bloggerinnen studieren ein bisschen ratlos die Sushi-Karte. „Wir sind Vegetarierinnen und Veganerinnen“, erklären sie der Bedienung. Und dann: „Wir essen kein Fleisch und auch keinen Fisch“, als wüsste die Bedienung nicht, was das bedeutet. Vielleicht auch nicht so die Zielgruppe für meinen Deliverdog-Pitch.

Für den zweiten Tag will ich mich richtig inspirieren lassen. Andere, neue Orte sehen – das ist doch so wichtig in der Gegenwart. Wie heißt es auf Pinterest? Nur wenn man irgendwelche Grenzen überschreitet und keine Angst vor dem Unbekannten hat, bla, bla, bla. Aber nix bla, bla, bla, Ironie ist etwas für Passive, ich bin jetzt ein Macher, und als solcher kann ich mir gar nicht genug Postkartensprüche geben. Wie ich also voll auf Live, Laugh, Love bin, schippere ich per Tenderboot rüber nach Formentera und steige in den Bus, der uns über die Insel bringen wird.

Inspiration kommt in der Tat schnell, allerdings eher in Gestalt von José, unserem Reiseführer. José ist der motivierteste Mensch, den ich je gesehen habe. Er brennt für die Insel. Sein Deutsch ist fantastisch, mit großer Hingabe erzählt er von der überall um und auf Formentera wachsenden Pflanze Posidonia oceanica. Ich kann gar nicht anders, als sie in den folgenden Stunden in allen Ecken zu entdecken und dabei im Kopf ihren lateinischen Namen runterzubeten. Er, entscheide ich, wird einer für das Sales-Team von Deliverdog.

Seite 3 / 10
Vorherige Seite Nächste Seite

Das könnte dich auch interessieren