Ablage Meer als Büro: Wie das Verlassen des Arbeitsplatzes den Ideenfluss fördern kann

Meer als Büro: Wie das Verlassen des Arbeitsplatzes den Ideenfluss fördern kann

Ideen im Überfluss

Ein paar Schritte zurück: Ich muss zugeben, dass nicht einmal die Geschäftsidee, die ich hier an Bord umsetzen will, wirklich von mir stammt. Die hatte unser Redaktionsleiter, der seit einigen Jahren in Business Punk den Lesern die sogenannten Abreißideen für Gründer präsentiert – Geschäftsideen, die er mangels Zeit zur Verwirklichung Interessierten und Motivierten zu Verfügung stellt. Millionen-Ideen für zukünftige Kreuzfahrtteilnehmer – zum Preis gerade mal eines Magazins, gern geschehen. Da­runter echte Marktlückenbediener wie das an die Streamingsucht angedockte unbinge.me oder Splitflat, eine Wohnungstauschbörse für frisch Getrennte.

(Credits: Alexander Langer)

Trotzdem haben wir in der Redaktion den Verdacht, dass bislang keine dieser Ideen jemals als Produkt oder Service das Licht der Welt erblickt hat. Waren die Ideen vielleicht gar nicht gut? Unmöglich. Also mussten wir es selbst probieren. Uns war klar, dass es bloß die nötige Abgeschiedenheit braucht, um Großes zu verwirklichen. Und weil ich kein gelernter BWLer bin, dazu eine Umgebung aus Leuten wichtig ist, die über nachweislichen Erfolg verfügt, die weiß, wie es geht. Been there, done that. Wo findet man solche Leute? Tja. Und das erklärt, wieso ich an einem als ultrablau zu bezeichnenden Sommertag auf dem Mittelmeer sitze und der Schweiß mir in den Laptop rinnt: Ich gründe mein Abreißidee-Startup Deliverdog (Kasten nächste Seite) an Bord des Kreuzfahrtschiffs „MS Europa 2“, des einzigen Schiffs der Fünf-Sterne-Plus-Kategorie, wo die Reichen und Schönen sich tummeln und von mir immer mal wieder auf ihrer Sonnenliege zwecks Rat belästigt werden. Mag die Art der Reise nicht zeitgemäß sein, am Ende zählt der Erfolg. Von Ibiza nach Mallorca mit Stopps in Formentera, Barcelona, Cannes und kleineren Orten, sechs Tage habe ich Zeit für die Umsetzung. Wie gehe ich mit dem Druck um? Wird jemand an Bord gleich mit Geldscheinen wedeln? Viel wahrscheinlicher: Wie viele Kilos werde ich zunehmen?

Aber zurück zum Anfang: Erster Tag an Bord, und ich lege direkt „The Lean Startup“ von Eric Ries auf das Beistelltischchen auf dem Sonnendeck: klar, die Bibel. Mit meinem Laptop und dem Pitch von 45 Wörtern dürfte niemand leaner als ich unterwegs sein – bislang also noch alles richtig gemacht. Ich denke: Dafür, dass er so einen schlanken Umgang mit Ressourcen propagiert, breitet Ries sich auf über 300 Seiten ganz schön aus. Ich lese stattdessen einen Artikel von „Fast Company“, den ich schon länger in der Leseliste habe. Er trägt den Titel „Why Your Startup Will Fail“, aber das durchschaue ich als Online-Klickiklicki-Augenzwinkerei, die ich nur zu gerne mitmache, so es denn am Ende bei der Umsetzung von Deliverdog hilft. Alles für den (Ausliefer-)Dackel.

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