Leadership & Karriere Mindful CEO – 5 Ansätze, wie Unternehmer*innen innere Balance und harte Arbeit verbinden können

Mindful CEO – 5 Ansätze, wie Unternehmer*innen innere Balance und harte Arbeit verbinden können

In Zeiten der Veränderung und neuer Herausforderungen sind Menschen mehr denn je gefragt, kreativ zu werden und sich neue Lösungen und Ideen zu überlegen. Innovationsgeist und Inspiration ist etwas, was vor allem die Gründerszene auszeichnet und was vielleicht gerade jetzt zum Wettbewerbsvorteil werden kann. Gründerinnen und Gründer nutzen die aktuellen Veränderungen, um ihr Geschäft und ihre Branche positiv zu gestalten.

Pinterest und Business Punk haben die spannendsten Vertreterinnen und Vertreter aus der Gründerszene gefragt, was sie in Zeiten der Veränderung inspiriert und wie sie die Arbeitswelt und ihre Branche jetzt neu denken. In einem persönlichen Interview erfahrt ihr mehr über ihre Ideen und Visionen. Auf einer Pinnwand stellen die Kolumnisten ihre ganz persönlichen Tipps, Ideen und Anregungen für einen optimistischen Blick in die Zukunft vor.

Den Start macht Daniel Sobhani, CEO Freeletics.

Pinterest-Pinnwand von Daniel Sobhani

Wenn man als Tech-Startup erfolgreich sein will, muss man ein Problem lösen, das noch niemand gelöst hat. Oder wenigstens einen radikalen neuen Lösungsweg angehen, an den niemand glaubt. Man bewegt sich als dauerhafte*r Grenzgänger*in zwischen total genial und total bescheuert. Hundertprozentig sicher, auf welcher Seite der Linie man gerade agiert, kann man auch nicht immer sein.

Zusätzlich begegnet man noch jeder Menge Konkurrenz, entweder durch alteingesessene Unternehmen, die den Markt dominieren oder durch andere Startups. Hinzu kommen begrenzte Ressourcen und eine unsichere Zukunft. Die Chance ist vielleicht 1:100, dass dein Startup überlebt und vielleicht 1:10.000, dass daraus ein Unicorn wird.

Trotzdem muss man alles geben – Mitarbeiter*innen und Investor*innen erwarten Erfolge und auch die Familie und das private Umfeld haben gewisse Erwartungen.

In den letzten Monaten kamen auf Gründerinnen und Gründer mit der Corona-Pandemie eine Krise zu, für die es kein Skript und kein Template gibt, um sie durchzustehen. Die Ungewissheit wächst, auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schauen zu den Leader*innen und suchen nach Perspektiven. Gerade in der Krise ist Führungsstärke gefragt – das lässt den Druck auf Gründerinnen und Gründer noch stärker wachsen.

Das alles sind Dinge, über die in der Startup-Szene nicht oft gesprochen wird. Gründer*innen und CEOs markieren oft den Leitwolf, gefangen im dauerhaften „Selling-Modus“ und unfähig, Schwäche zu zeigen – wer weiß, die nächste Investment-Runde wartet vielleicht schon an der nächsten Ecke. Ein Blick hinter die Kulissen zeigt, diese Ängste sind nichts Ungewöhnliches in der Startup-Szene.

„Emotionale Hygiene“ hilft dabei, ausgeglichener zu handeln

Der Weg des Entrepreneurs oder der Entrepreneurin ist lang und steinig und der Erfolg kommt nicht einfach so über Nacht. Man muss gewillt sein, diesen Weg für einige Jahre zu gehen.

Möglicherweise nutzt man mein Beispiel als Inspiration: Organisation und zeitliche Planung des eigenen Denkens und Handelns sind für mich der Schlüssel, um mit den Herausforderungen des Entrepreneur-Daseins zurecht zu kommen. Ich nenne es emotionale Hygiene und mein Ansatz beruht auf fünf Säulen:

Definiere, wer du bist:

Meine Firma ist Teil meiner Persönlichkeit und ich investiere gerne jede Woche 75+ Stunden in sie. Darum mag das Folgende vielleicht widersprüchlich klingen, aber der erste Schritt zu emotionaler Hygiene war es, mich nicht ausschließlich als den CEO von Freeletics wahrzunehmen – sondern darüber hinaus als eine Person mit bestimmten Werten und Charaktereigenschaften, ein Familienmitglied, ein Ehemann, ein Freund und ja, auch der CEO von Freeletics. Aber eben nicht ausschließlich.

Tatsächlich wäre dieser Teil, wenn es hart auf hart kommt, vermutlich gar nicht so wichtig, wie die anderen genannten Aspekte. Das zu verstehen, hat mir die Augen geöffnet und mir gleichzeitig einen Abstand zu meiner Arbeit ermöglicht, der mich mit mehr Gelassenheit erfüllt.

Liebe den Prozess und nicht den kurzfristigen Erfolg:

Gründer*innen und CEOs wollen erfolgreich sein und da bin ich keine Ausnahme. Ich spiele, um zu gewinnen. Aber ich werde das Entrepreneur-Spiel noch eine ganze Weile spielen. Denn es ermöglicht mir, an etwas Großem teilzuhaben. Es erlaubt mir, wertvolle Erfahrungen zu sammeln, Neues zu lernen und mit einem fantastischen Team zu arbeiten. Ich bin dankbar für diese Möglichkeit.

Die echten Herausforderungen sind die Situationen, in denen ich wirklich wachse. Indem ich Gefallen an diesem Prozess finde, macht mir meine Arbeit mehr Spaß und ich finde Motivation und Erfüllung in meinen Aufgaben – auch unabhängig vom (kurzfristigen) Erfolg.

Definiere Grenzen und investiere in Beziehungen abseits der Arbeit

Um einen Zustand der Balance zu erreichen, muss man sich zugestehen, sich auch ab und an um sich selbst zu kümmern. Aus einem leeren Glas kann keiner trinken. Man muss Grenzen dafür definieren, wann gearbeitet wird und wann nicht. Und sich auch Gedanken darüber machen, wie man die Zeit investiert, in der nicht gearbeitet wird.

Mein Ansatz ist top-down. Wieviel Zeit brauche ich, um meine zwischenmenschlichen Beziehungen intakt zu halten? Wieviel Zeit brauche ich für mich selber? Der Rest geht an die Arbeit.

Konkret stehe ich um sechs Uhr auf, starte den Tag mit Selbstreflexion und arbeite dann bis ca. sieben oder acht Uhr abends, danach bin ich 100 Prozent offline und denke auch nicht mehr an die Arbeit. Samstags bin ich auch komplett offline und sonntags geht meine Arbeitswoche wieder los mit sechs bis acht Stunden Arbeit.

In der Zeit, die ich als offline definiere, versuche ich aktiv nicht an die Arbeit zu denken. Egal, was ich dann mache, ich stecke mein ganze Energie und Aufmerksamkeit in diese Tätigkeit und ziehe Kraft aus zwischenmenschlichen Beziehungen, die nichts mit der Arbeit zu tun haben.

Suche aktiv nach den „ANTS“

Sich um etwas zu sorgen, führt oft zu ANTS (Automatic negative thoughts). Gleichzeitig können ANTS Sorgen auslösen und auch befeuern. Diese „automatisch negativen Gedanken“ sind möglichst düstere Interpretationen davon, was uns passiert bzw. was uns passieren könnte. Ein Beispiel dafür ist ein Blick in die Zukunft, der uns die schlimmstmögliche Version aller potenziellen Szenarien zeigt. Das ist aber nicht nötigerweise das, was wir wirklich erleben.

Mit den richtigen Fragen, lässt sich hier relativieren: Welche Hinweise dafür gibt es, dass es tatsächlich so schlimm wird? Ist das ein unausweichliches Szenario oder nur eine von vielen Möglichkeiten? Gibt es eine andere Perspektive auf dieses Szenario? Welchen Rat würde ich jemand geben, der sich in dieser Situation befindet? Gleichzeitig kristallisieren sich durch die Beschäftigung mit ANTS letztlich die wirklich relevanten Probleme heraus, denen man dann besser die nötige Aufmerksamkeit widmet.

Finde eine*n Mentor*in oder Ratgeber*in

Der Arbeitsalltag eines oder einer CEO ist oft einsam. Man kann sich kaum jemandem ganz öffnen. Entweder, weil man eine professionelle Distanz wahren muss oder weil man seine Last nicht auf jemand anderen abladen möchte. Manchmal kann der oder die andere auch die volle Tragweite der Problematik gar nicht nachvollziehen.

Es hilft aber ungemein, eine Person zu haben, die schon gleichermaßen fordernde Situationen erlebt hat. Sie hat mit Sicherheit auch eine interessante und hilfreiche Perspektive, von der man lernen kann.

Abschließend noch eine letzte, aber sehr wichtige Sache: Ein Team zu haben, dem man vertrauen kann, ist die größte Entlastung, die es gibt.

Heute habe ich den Entrepreneur-Blues an den meisten Tagen gut unter Kontrolle. Das hat mich aber auch einiges an Zeit und Arbeit gekostet. Zeit, Arbeit und auch Anstrengungen, meine Taktiken und Routinen immer wieder anzupassen. Und an den Tagen an denen es mir nicht so gut gelingt?

An diesen Tagen erinnere ich mich selbst daran, dass ein großer Teil des Erfolgs dadurch erreicht wird, einfach sein Bestes zu versuchen und nicht aufzugeben.

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