Personal Finance „Geld als Lifestyle-Thema wird immer wichtiger“ – Youtuberin Pocket Hazel im Interview

„Geld als Lifestyle-Thema wird immer wichtiger“ – Youtuberin Pocket Hazel im Interview

Die Youtuberin und Autorin Pocket Hazel ist Expertin für Finanzen. Mit ihren Videos will sie das Thema Geld für die Gen Z enttabuisieren. Zu sehen ist Hazel auf ihrem eigenen Kanal „Pocket Hazel“. Mit „Pocket Money“ hat sie zudem ein Format bei Funk. Im Interview verrät sie, wie sie ihre eigenen Finanzen regelt und warum das Thema Geld in der Youtube-Welt immer wichtiger wird.

Hazel, in deinen Youtube-Videos zeigst du, wie man Geld verdienen kann und seine Finanzen regelt. Wie genau regelst du das Thema Geld?

Das klingt jetzt vielleicht altmodisch, aber mein erster und wichtigster Schritt war das Haushaltsbuch, in dem man Einnahmen und Ausgaben gegenüberstellt. Man kommt heute schneller in die Schuldenfalle, als man denkt. Viele merken nicht mal, wenn sie im Monat mehr Ausgaben als Einnahmen haben. Das klingt tatsächlich oldschool.

Was kommt da rein?

Am wichtigsten sind natürlich regelmäßig anfallende Fixkosten. Außerdem alle Einnahmen, die regelmäßig reinkommen wie das feste Gehalt. Dann sollte man Kosten wie Strom, Gas, Internet und generell alle Verträge eintragen. Aber wenn ich mir beim Bäcker eine Schrippe hole, muss ich das nicht unbedingt aufschreiben.

Führst du das Haushaltsbuch auf Papier oder digital?

Es gibt dafür verschiedene Apps. Aber ich nutze einfach die Notizfunktion auf meinem Smartphone. Das ist heutzutage effizienter.

Welchen Stellenwert hat Geld für dich im Alltag?

Mein persönlicher Stellenwert von Geld ist nicht so hoch, aber Geld ist überall präsent. Deswegen finde ich es sehr wichtig, dass man offen darüber redet.

Warum genau?

Es ist wichtig, über Geld zu sprechen, vor allem über Schulden, weil das völlig allgegenwärtig ist. Davon sind mehr Leute betroffen, als man vielleicht denkt. Je mehr Menschen darüber aufklären, desto mehr Menschen können davon lernen. Und irgendwann schließt sich der Kreis. Ich würde mir wünschen, dass Geld kein Tabuthema mehr ist.

Glaubst du, mit einer Plattform wie Youtube lässt sich das Tabu brechen?

Was ich an Youtube gemerkt habe: Sobald Influencer:innen über Geld und Finanzen sprechen, schauen sich mehr Menschen diese Videos an. Man ist doch überrascht, wie viele Leute sich dafür interessieren. Die Zuschauer:innen bedanken sich dann bei den Influencer:innen für ihre Offenheit. Dabei sollte das selbstverständlich sein.

Warum werden gerade auf Youtube Videos über Finanzen immer relevanter und beliebter?

Die Youtuber:innen, die 2012 klein angefangen haben, sind heute so groß, dass sie sich Häuser kaufen, in Immobilien investieren oder Unternehmen gründen. Und darüber sprechen sie eben auch mit ihrer Community. Mittlerweile wird in ihren Videos sogar Werbung für ETFs gemacht. Ich habe auch Kolleginnen, die Werbung für Plattformen machen, auf denen Frauen sich über Finanzen weiterbilden können. Das finde ich wichtig.

Glaubst du, Menschen sind wirklich an den Finanzen von anderen interessiert?

Ich glaube, da geht es auch um Neid. Manchmal werde ich gefragt, Videos über das Gehalt von anderen Influencer:innen zu machen. Die meisten denken, dass Influencer:innen zu viel Geld verdienen. Es sind nicht immer nur Interesse und Neugier.

Ist Geld dann nicht eher ein deprimierendes Thema?

Es gab Phasen in meinem Leben, da hat Geld mich voll runtergezogen, vor allem in meiner Zeit als Studentin. Ich habe BWL studiert, weil ich dachte, dass man anschließend automatisch viel Geld verdient. Ich habe mir ausgemalt, wie ich jedes Jahr eine Gehaltserhöhung bekomme. Aber das kann eben superpositive Auswirkungen haben. Der wichtigste Punkt ist Sicherheit.

Und je mehr Geld man hat, desto sicherer fühlt man sich?

Man sollte sich auf das konzentrieren, was man hat, und nicht darauf hinarbeiten, steinreich zu werden. Ich habe mich damals mit meinem Gehalt als Studentin nicht sicher gefühlt. Deshalb habe ich geschaut, wo ich mich einschränken kann. Und mir dann überlegt, wie hoch mein Sicherheitspolster sein muss. Mit dem Alter wächst dieses Polster.

„Pocket Hazel’s Money Guide: Wie du easy deine Finanzen regelst“ Rowohlt, 256 Seiten, 9,99 Euro (erschienen am 21.4.)
© Rowohlt

Wenn dir Sicherheit so wichtig ist: Wie sieht’s mit Investieren aus?

Ich muss zugeben, da bin ich noch in den Anfängen. Ich bin nämlich eine risikoscheue Person. Man kann sich aber an unabhängige Finanzberater:innen wenden. Das habe ich auch gemacht. Und das Wichtigste: Wenn ich investiere, dann nicht mit meinem Sicherheitspolster, sondern mit allem, was darüber ist.

Du hast BWL studiert und im Steuerbüro gearbeitet. Warum hast du dich in erster Linie für den Bildungsweg entschieden?

Meine Eltern hatten immer hohe Ansprüche an mich. Mit 15 Jahren sollte ich anfangen zu arbeiten. Mein Vater hat mich bei seinem Steuerberater vorgestellt. Da ich gut in Mathe war, durfte ich im Steuerbüro als Aushilfe anfangen. Dann habe ich dort ein Praktikum gemacht und bin dageblieben. Für das BWL-Studium habe ich mich entschieden, weil ich gut mit Buchhaltung und Steuererklärungen umgehen konnte.

Und neben deinem Studium hast du weiter beim Steuerberater gearbeitet?

Genau, aber nach ein paar Monaten war ich in diesem kleinen Büro nicht mehr zufrieden. Ich wollte in ein Steuerbüro, das Abschlüsse für große Kapitalgesellschaften macht. Deshalb bin ich in ein größeres Büro gewechselt. Mit Youtube habe ich schon nebenbei im zweiten Semester meines Studiums begonnen.

Deine Youtube-Karriere hast du dir also parallel aufgebaut?

Ich habe schon in der Schule angefangen, Blogs über mein Leben zu schreiben. Aber irgendwann war Bloggen nicht mehr interessant, weil der Youtube-Hype gestartet ist. Am Anfang habe ich Gaming-Videos produziert, weil die total beliebt waren. Durch Zufall hab ich einmal ein Finanzvideo hochgeladen, und dieses Video hat mir dann weitere Chancen ermöglicht.

Hast du damals ein Bedürfnis nach Finanzvideos erkannt?

Am Anfang gar nicht. Ich habe es erst an den Kommentaren unter meinem ersten Video gemerkt. Die meisten Zuschauer:innen wollten mehr Videos über Finanzen und Steuererklärungen sehen. Bis dahin war Youtube keine Plattform dafür.

Geld ist mittlerweile Lifestyle-Thema. Wird das so bleiben?

Ich denke, das Bedürfnis nach Aufklärung wird weiter wachsen. Durch bestimmte Trends wie zum Beispiel Minimalismus wird Geld als Lifestyle-Thema immer wichtiger. Geld beeinflusst nun mal unser Leben. Es ist überall verwurzelt, nur sprechen wir kaum darüber.

Bald bringst du dein erstes Buch „Pocket Hazel’s Money Guide: Wie du easy deine Finanzen regelst“ raus.

Der Vorteil eines Buches ist, dass man dort detaillierter auf Themen eingehen kann. Ein Video geht meistens nur zehn Minuten. Ich hatte immer das Gefühl, dass ich mit meinen Videos nicht meine ganze Geschichte erzählen kann.

Auf welche Themen gehst du in deinem Buch besonders ein?

In meinem Buch geht es darum, wie man sparen und gleichzeitig noch sein Leben genießen kann. Dabei spielt das Thema Nachhaltigkeit eine große Rolle. Wie passen Finanzen und Nachhaltigkeit überhaupt zusammen? Außerdem stelle ich mich der Frage, wie man sein Geld an der Börse investiert.

Dein Buch ist also eine Art Lehrwerk?

Es geht erst mal um meine persönliche Geschichte. Wie ich angefangen habe, Geld zu verdienen, und wie ich mir meine erste Wohnung leisten konnte. Ich wechsele zwischen unterhaltsamen Anekdoten und Fachwissen. Daher ist mein Buch sowohl ein Lehrwerk als auch Unterhaltung.

Dieser Text stammt aus unserer aktuellen Ausgabe. 148 druckfrische Seiten mit sieben Storys zum Dossier-Thema „Einfach Machen“. Außerdem: Lucid greift Tesla und Elon Musk an, der DJ Solomun grüßt mit seinem neuen Album vom Strand, Livebuy will mit Shopping-Video-Partys Deutschland in die E-Commerce-Gegenwart holen und Bochum entdeckt die Freude am Neuen und Digitalen. Und natürlich noch vieles mehr! Also ab zum Kiosk oder zum Aboshop.

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