Kolumne: Nachruf auf eine Fashion-Ikone – Virgil was here

Unser Kolumnist Massoud Mahgoli über das Vermächtnis des Designers Virgil Abloh, der wie kein anderer die Kreativindustrie von heute mit erschaffen hat

In meiner ersten Kolumne habe ich über die Jünger Kanyes und den Einfluss auf die Luxusmodeindustrie geschrieben. Heute möchte ich einem Mann, der die gegenwärtige Modewelt bereichert hat und seit jeher ebenfalls treuer Begleiter Kanyes war, danken und ihm die letzte Ehre erweisen. Virgil Abloh ist von uns gegangen und damit auch ein Denker, Designer und Mensch, der viele Leben positiv beeinflusst und eine ganze Generation empowert hat.

Zugegeben, ich habe ein kleines bisschen gebraucht. Mir war es wichtig, mir genügend Zeit zu nehmen, um meine Gedanken zu ordnen. Immerhin geht es hier um einen der größten Modeschöpfer der Geschichte.

Seit geraumer Zeit registriere ich ein Wachstum der Anzahl von People of Color auf kreativen und geschäftlichen Führungspositionen. Ich freue mich sehr über diese Entwicklung und führe es zu einem großen Teil auf den Einfluss von Virgil zurück. Sein Auftreten und Schaffen haben dafür gesorgt, dass Talente, die nicht aus elitären Kreisen stammen, von Entscheider:innen stärker berücksichtigt werden.

Erst kürzlich hat das traditionelle Modehaus Bally den amerikanisch-philippinischen Shootingstar der Modewelt Rhuigi Villaseñor zum Creative Director ernannt. Aber auch im Street- und Sportswear-Sektor sorgen junge talentierte Designer:innen für Buzz. Teddy Santis von Aimé Leon Dore als Creative Director bei der Sportswear-Brand New Balance sorgt für Aufsehen und bringt einen frischen Wind in die Modewelt.

Ein wichtiger Faktor im Zuge der Internationalisierung und Gleichberechtigung. Man sollte nicht vergessen, dass die Kolonialisierung erst den Reichtum brachte, der den Weg für die Modewelt von heute ebnete. Die Haute Couture konnte auf der Industrialisierung des 19. Jahrhunderts aufbauen.

Ich möchte hiermit aber keineswegs gegen die Haute Couture oder Prêt-à-porter schießen. Virgil hatte ein besonders gutes Gefühl für die anspruchsvolle und ästhetische Integration von Kultur und wird wohl für die Ewigkeit ein Leitbild dafür sein, dass allen Widrigkeiten zum Trotz eine Vision mit Herz und Verstand in unserer Welt immer ihren Platz findet.

Wer hätte noch vor einigen Jahren gedacht, dass auf den Laufstegen von Louis Vuitton oder Bottega Veneta Models mit Pieces laufen, die eher an Streetwear als an klassische Haute Couture erinnern. Auch auf den Gästelisten der wichtigsten Modeshows der Welt erkannte man schon zu seinen Lebzeiten Ablohs Legacy.

Denn neben reichen weißen Businessmännern sitzen da auf einmal People of Color aus der Hip-Hop-Kultur. Seien es Ami-Rapper wie Asap Rocky, Kanye West oder Pharrell Williams oder auch Deutschrapper wie Ufo361 oder Luciano. Dabei lässt sich nicht nur die Mode von der Straßen- und Hip-Hop-Kultur inspirieren. Auch im Hip-Hop geht es schon längst nicht mehr nur darum, wer die teuersten Markenklamotten trägt.

Wer in der Szene etwas auf sich hält, flext mit Marken aus der Fashionszene, die die breite Masse noch überhaupt nicht kennt. Insiderwissen rund um Haute Couture und High Fashion sind die neuen Diamanten an der Chain. Und Virgil Abloh war der Türöffner für eine ganze Generation in High Fashion und Haute Couture.

Louis Vuitton kaufte sich bei Off White mit einem Major Stack von 60 Prozent ein und integriert die Brand in die LVMH-Welt. Daraufhin wurde Virgil gruppenübergeifend als Kreativer tätig und bekam somit seinen Platz am Tisch. Ein so wichtiger Schritt für die unternehmerische Vorgehensweise von Kreativen im 21. Jahrhundert.

Endlich wird die kreative und auch unternehmerische Power neu verteilt. Ich wünsche mir für so viele Menschen wie möglich diesen positiven und produktiven Einfluss von Virgil und freue mich darauf, was seine Legacy hervorbringen wird.

In ewiger Liebe, Massoud.