Female Entrepreneurship Femtech auf Kurs: Die Zukunft der digitalen Gesundheit ist weiblich

Femtech auf Kurs: Die Zukunft der digitalen Gesundheit ist weiblich

Ein Gastbeitrag von Hana Besbes, Investment Managerin bei Heal Capital

Der Femtech-Markt entwickelt sich langsam aber sicher zu einem robusten Ökosystem von Startups und Tech-Unternehmen, das die Gesundheit von Frauen und ihre Bedürfnisse in den Fokus stellt. Erst 2021 überschritten weltweite VC-Investitionen die 1-Milliarde-Marke. Bis 2027 wird ein jährliches Wachstum von 16.2 Prozent erwartet. Wer die Zahlen in Relation zu anderen Sektoren sieht, weiß: Femtech ist noch weit weg davon, den Mainstream zu erreichen.

Das zeigen zumindest die Finanzierungszahlen: Im Bereich der digitalen Gesundheit macht Femtech bloß einen Anteil von drei Prozent aus. Diese Zahl hält sich nun schon seit Jahren und ist nur ein Bruchteil des Gesamtfundings – also ein verschwindend geringer Anteil. Das mag sich in diesem Jahr zwar nicht schlagartig ändern, aber das Potenzial ist groß. Immerhin handelt es sich bei der Zielgruppe um die Hälfte der Weltbevölkerung. Der Markt birgt also große Chancen für alle – vor allem für Frauen. 

Forschung braucht mehr Feminismus

Es ist noch gar nicht so lange her, da dachten viele beim Thema Frauengesundheit lediglich an die Gebärfähigkeit. Der Dialog wandelt sich nun allmählich und beachtet zunehmend auch Erkrankungen, die ausschließlich, unverhältnismäßig stark oder auf eine besondere Art und Weise Frauen betreffen.

Die Awareness wird endlich größer, doch leider noch nicht überall. In den USA wurden Frauen bis 1993 aus klinischen Studien einfach ausgeschlossen. Wer glaubt, dass wir heute viel weiter sind, mag sich täuschen: Frauen machen in aktuellen Studien bloß etwa 19 Prozent der Teilnehmenden aus. 75 Prozent der medizinischen Fachliteratur lassen geschlechtsspezifische Unterschiede in Ergebnissen außen vor. Frauengesundheit ist schlichtweg noch immer nicht ausreichend erforscht. 

Dazu einige Beispiele: Während Alzheimer bei Frauen die zweithäufigste Todesursache ist, liegt die Krankheit bei Männern auf Platz neun. Den ersten Platz nehmen Herz-Kreislauf-Erkrankungen ein. Trotzdem nehmen an klinischen Studien zu diesen Erkrankungen in erster Linie Männer teil. Auch Studien zur Unfruchtbarkeit zeigen, wie problematisch medizinische Forschung heute noch vorgeht: Es gibt 5.5 mehr Studien zur Unfruchtbarkeit von Männern als von Frauen.

Chronische, frauenspezifische Gesundheitszustände können oft erst nach fünf bis zehn Jahren diagnostiziert werden – und das, obwohl 45 Prozent der Frauen davon betroffen sind. So leiden Schätzungen zufolge gleich viele Frauen an Endometriose wie Diabetes, und dennoch sind Entwicklungen und Finanzierungen in diesem Bereich sehr begrenzt. Mangelnde Aufklärung, eingeschränkter Zugang zu Spezialist:innen und das Ignorieren von Symptomen führen zu einer späten Erkennung und Behandlung und damit zu einer Zunahme von Komplikationen, Morbidität und Mortalität.

Die weibliche Gesundheit ist nicht nur viel zu wenig erforscht, sondern auch unterversorgt. Der wissenschaftliche und technologische Nachholbedarf ist riesig – genauso wie das Potenzial für bahnbrechende Innovationen. 

Kein nice-to-have

Femtech ist also ein Must-have. Aktuell befinden wir uns an einem Wendepunkt: Wir können die Unterversorgung von verschiedenen Krankheitsbildern bei Frauen endlich nachweisen. Diese wirkt sich nicht nur negativ auf die Lebensqualität der Betroffenen aus, sondern bringt auch erhöhte Kosten mit sich. Auf diese sind mittlerweile auch Versicherungsgesellschaften aufmerksam geworden. Eine frühzeitige Diagnose ist daher nicht nur für die Frauen von großer Bedeutung, sondern kann dem Gesundheitssystem jährlich Milliardenbeträge einsparen.

Mithilfe neuer biowissenschaftliche Methoden werden zunehmend neue Biomarker und Therapien entdeckt. Gleichzeitig kommen in bisher vernachlässigten Krankheitsbereichen patientenorientierte und digitale Gesundheitsprodukte auf, die mit neuen Ansätzen außerhalb des traditionellen Gesundheitssystems arbeiten.

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