Innovation & Future Wenn Gründer zu Soldaten werden

Wenn Gründer zu Soldaten werden

Der Krieg um Israel erschüttert die wichtigste Startup-Szene der Welt. Es mangelt zunehmend an Geld und Talenten, denn die besten Leute sind an der Front.

Raketen auf Israel und ein bevorstehender Gegenangriff der Israelis auf den Iran – keine Frage: Die Lage im Nahen Osten ist eskaliert. Wie ergeht es da den Gründerinnen und Gründern, von denen Israel so viele hervorbringt? Das Land ist im Verhältnis zu seiner Größe die bedeutendste Startup-Nation der Welt. Und Israel befindet sich nicht erst seit dem Raketenbeschuss aus dem Iran, sondern seit einem Jahr im Krieg. Der Angriff der Hamas vom 7. Oktober 2023 hat das Land in seinen Grundfesten erschüttert. Die Wirtschaft leidet seither – und die Startups leiden mit. Der Krieg setzt der Tech-Szene zu. Rüttelt er jetzt auch am Ruf des Landes, einer der führenden Treiber der vierten industriellen Revolution zu sein?

Zwei Drittel der Unternehmen klagen über personelle Engpässe, berichtet das Fachmagazin „Zenith“, das auf Hintergrundberichte aus dem Nahen Osten spezialisiert ist. Der Grund ist die allgemeine Mobilmachung: Die Gründer sitzen nicht hinterm Bildschirm, sondern stehen im Feld. Offiziellen Angaben zufolge erwirtschaftete der Hochtechnologiebereich im letzten Vorkriegsjahr 2022 rund 18 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) Israels und war somit der größte Sektor. Gleichzeitig machte High-Tech etwa 48 Prozent des israelischen Exports aus. Nach einer Statistik der israelischen Innovationsbehörde wurden in Israel 2023 rund 600 neue Hightechfirmen gegründet, was etwa ein Drittel unter dem Vorjahreswert liegt.

Es gibt keinen, der nicht um einen Freund trauert

Die Zenith-Autoren haben sich umgeschaut, wie es jetzt um diese Szene steht. Zum Beispiel im Medien-Consultancy-Startup Tarzo. Dort fehlten bereits Ende vergangenen Jahres sechs Arbeitskräfte von insgesamt 40, darunter zwei Manager und ein erfahrener Programmierer. Die personelle Lücke bremse das Entwicklungstempo und führe zu Engpässen, erzählte ihnen der Gründer Itai Barel. Darüber hinaus belaste besonders der emotionale Aspekt die Mitarbeiter. So gebe es in der Firma niemanden, der nicht einen engen Freund oder Familienangehörigen verloren habe. Auch Gili Raanan von Cyberstarts, einem Venture-Capital-Fund für Cybersecurity-Firmen, schilderte nach dem Hamas-Angriff eine Stimmung „von Schock über Trauer“ bis hin zu „wir müssen weitermachen“. Seine Startups hätten sich an die Situation angepasst. Man arbeite nun in kleineren Teams und sei zu einem Covid-ähnlichen Arbeiten im Home-Office übergegangen, berichtet der Investor. Einige Technologiefirmen arbeiten sogar noch intensiver als gewöhnlich. „Sie können sich vorstellen, dass Cybersicherheits- und verteidigungsbezogene Technologiefirmen Schlüsselelemente des aktuellen Konflikts sind“, ergänzt Ido Baum, Direktor des Brandeis-Instituts für Gesellschaft, Wirtschaft und Demokratie, gegenüber dem Magazin.

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