Leadership & Karriere Christian Lindner auf der IPO Night: „Ich verfolge in meinem politischen Leben das Prinzip der Unanscheißbarkeit“

Christian Lindner auf der IPO Night: „Ich verfolge in meinem politischen Leben das Prinzip der Unanscheißbarkeit“

Kurz vor der Veröffentlichung des „Scheidungspapiers“ stellte sich Finanzminister Christian Lindner vor versammelter Hochfinanz den Fragen des Verlegers Wolfram Weimer. Er äußerte sich zur Commerzbank, zu Geldanlagen, zu seinem ordnungspolitischen Ansatz und dass er noch länger Finanzminister bleiben will.

Finanzminister Christian Lindner machte einen entspannten Eindruck. Bei der IPO Night im Frankfurter Städel-Museum war er live zugeschaltet und wartete geduldig, weil der hessische Ministerpräsident Boris Rhein seine Rede deutlich länger hielt als geplant. Zu diesem Zeitpunkt wusste er bereits von seinem 18-seitigen Grundsatzpapier, das eigentlich intern bleiben sollte.  

Verleger Wolfram Weimer sprach mit dem Finanzminister vor den Augen hochrangiger Finanzexperten, darunter die CEOs von Commerzbank und Deutsche Bank , Bettina Orlopp und Christian Sewing. 

Herr Lindner, vielleicht können Sie uns zunächst einmal ganz regierungsoffiziell sagen, wie Sie das Börsenjahr 2024 erlebt haben. Gab es genug Börsengänge?

Es gibt zu wenig Börsengänge, um das Wachstum von Unternehmen in Europa zu finanzieren. Wir müssen an unserem Wettbewerbsnachteil gegenüber den USA arbeiten. Wir tun das auf europäischer Ebene, unter anderem mit einem zweiten Zukunftsfinanzierungsgesetz, um die Hürden für einen Börsengang zu senken. 

Die Strategie des Finanzministeriums könnte dabei beispielhaft für unser Land sein.

Wir haben viele spezifisch deutsche Regulierungen, etwa die Beitragsgarantie bei Versicherungsprodukten, die das Vermögen in Staatsanleihen lenken. Mit unserer Initiative senken wir die Hürden für diese Assetklassen, erwarten dann aber auch ein stärkeres Engagement. Wir haben durch Verbesserungen der regulatorischen Rahmenbedingungen eine Zusage von zwölf Milliarden Euro an zusätzlichem Wagniskapital erreicht.

Das ist ein Symbol für Wirtschaftspolitik, wie sie gemacht werden kann. Man kann Wachstum erreichen, indem man das regulatorische Korsett und die Fesseln unserer Wirtschaft lockert, damit privates Kapital private Projekte finanziert. Unser Land kann von diesem ordnungspolitischen Ansatz lernen.

Trotz Botschaft fehlt mir der Glaube bei dem Zustand der Regierung, dass dieser Ansatz in Politik umgesetzt wird. Die Übernahme der Commerzbank, die wirkt ja aus Frankfurter Sicht so, als hätte man in Berlin nachts zu viel getrunken und sei am Morgen mit einem Italiener aufgewacht. Kann man mal erklären, was da eigentlich passiert ist?

Die Commerzbank ist stark, eine Staatsbeteiligung ist auf Dauer nicht notwendig und ordnungspolitisch auch nicht richtig.

Der Staat hat sich für einen ersten Schritt in Richtung Privatisierung entschieden. Wir müssen den Anteil diskriminierungsfrei in einem offenen Verfahren am Markt anbieten. Aus Rechtsgründen will ich mich diplomatisch ausdrücken, wenn ich sage, dass der Stil und die Kommunikation des Vorgehens der Unicredit Fragen aufgeworfen haben. Übrigens bei allen Stakeholdern, auch ein Grund, warum jetzt zunächst keine weiteren Privatisierungsschritte anstehen. Die Bundesregierung ist unverändert weiter von der Strategie der Eigenständigkeit der Commerzbank überzeugt und im Übrigen auch sicher, dass durch den jetzigen Vorgang insgesamt der Blick auf die erfolgreiche Strategie der Commerzbank geschafft wird. 

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