Drei neue Vollzeitkräfte eingestellt – um die Datensammelwut der EU zu befriedigen
Gisela Meister-Scheufelen, „Miss Bürokratieabbau“ von der Stiftung Familienunternehmen und Politik, stellt alle 14 Tage absurde bürokratische Hemmnisse vor, die Zeit, Nerven und Geld kosten. In dieser Folge geht es um die Nachhaltigkeitsberichterstattung. Eine Flut aus Formularen, Datenpunkten und Berichtspflichten überschwemmt Europas Wirtschaft – und viele Unternehmen drohen, darin zu ertrinken.
In einem mittelständischen Familienunternehmen in Baden-Württemberg stapeln sich die Akten. Drei neue Vollzeitkräfte wurden eingestellt – nicht etwa für Forschung, Entwicklung oder Vertrieb, sondern ausschließlich, um Daten für die EU-Nachhaltigkeitsberichterstattung zu sammeln.
Die ausufernde Nachhaltigkeitsberichterstattung
Was der Familienunternehmer erlebt, ist kein Einzelfall. Mit der Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD, Corporate Sustainability Reporting Directive) hat die EU ein bürokratisches Monster geschaffen. Die CSR-Richtlinie soll wichtige Umwelt- und Sozialstandards sicherstellen. Sie ist in ihrer jetzigen Form aber für viele Unternehmen kaum umsetzbar. Rund 1.150 Datenpunkte auf mehr als 200 Seiten müssen Unternehmen künftig erfassen und berichten. Die sogenannten „European Sustainability Reporting Standards“ (ESRS) decken dabei nicht nur Umwelt- und Klimaschutzaspekte ab, sondern reichen bis hin zu Angaben über die Meinungsfreiheit bei Zulieferern oder CO₂-Emissionen durch Pendler.
Die bisher teuerste Berichtspflicht
Die Folgen sind dramatisch: Schätzungen zufolge kostet die Umsetzung der CSR-Richtlinie die deutsche Wirtschaft jährlich 1,6 Milliarden Euro. Noch nie wurde durch nur ein einziges Vorhaben ein so hoher Aufwuchs an Bürokratiekosten ausgelöst. Bundeskanzler Olaf Scholz brachte es beim Arbeitgebertag 2024 auf den Punkt: „Da sind irgendwie die Gäule durchgegangen.“
Gesetzliche Pflichten, die nicht umsetzbar sind
Besonders problematisch: Selbst mit enormem Aufwand lassen sich manche geforderten Daten kaum verlässlich ermitteln. Wenn beispielsweise CO₂-Emissionen für Einzelteile aus Nicht-EU-Ländern erfasst werden sollen, müssen Unternehmen auf widersprüchliche Datenbanken zurückgreifen, deren Angaben für identische Waren teilweise mehrfach voneinander abweichen können.