Work & Winning Entbürokratisierung? Nicht für Start-Ups

Entbürokratisierung? Nicht für Start-Ups

Der Bürokratieabbau zieht sich als roter Faden durch die Koalitionsvertrag. Manches sind nur Floskeln, manches könnte etwas bringen. An einer Stelle jedoch will die neue Regierung ein neues Bürokratiemonster gebären. 

Union und SPD wissen es, weil es ihnen Unternehmen und Bürger jeden Tag aufs Butterbrot schmieren: Deutschland ächzt unter einer außer Rand und Band geratenen Bürokratie. In einer Serie schildern wir Woche für Woche abstruse Beispiele: vom Trittleiterbeauftragten über den TÜV, der einfordert, dass handelsübliche Drucker in Zwei-Mann-Betrieben besonders zertifiziert werden müssen, bis zu Anträgen, in denen Transportunternehmer begründen müssen, warum sie im Hochschwarzwald ihre Schwertransporte nicht per Schiff abwickeln. Entbürokratisierung ist deswegen ein Gedanke, der sich durch den gesamten 140 Seiten starken druckfrischen Koalitionsvertrag zieht. Doch was ist außer Floskeln tatsächlich vereinbart? Wird die neue Koalition schaffen, was keine der vorherigen Regierungen vermocht hat, nämlich die staatlichen Bürokratiewucherungen zurückzuschneiden?

Diese Maßnahmen stehen im Koalitionsvertrag

  • Weniger Personal in der Verwaltung

    In der Bundesverwaltung sollen die Stellen um acht Prozent reduziert werden. Klingt gut, ist aber schwach, denn allein die Ministerialbürokratie des Bundes ist nach Berechnungen der 

    unabhängige Stiftung Marktwirtschaft in den vergangenen zehn Jahren um mehr als 30 Prozent auf knapp 30.000 Beschäftigte angeschwollen. Das üppige Wachstum kostet Geld: Im Vergleich von 2013 zu 2024 haben sich die Kosten auf mehr als 1,6 Milliarden verdoppelt, was selbst abzüglich einer Inflationsrate in diesen Jahren von insgesamt rund 30 Prozent ein Batzen ist. Den Vogel schoss dabei das Kanzleramt selbst ab. Kanzler Olaf Scholz und vor ihm Angela Merkel, die auch für einen üppigen Erweiterungsbau ihrer Residenz verantwortlich sind, füllten es mit ungeahntem Leben: Die Planstellen für Beamte wuchsen im Kanzleramt seit 2013 um satte 270 Prozent. Acht Prozent weniger, verteilt über vier Jahre macht sich dagegen eher unambitioniert aus und ergibt sich schon einzig über die Nicht-Nachbesetzung mancher Stellen, wenn der Inhaber aus Altersgründen ausscheidet. 

    • Beauftrage ohne Auftragsverlängerung

    Die Zahl der Bundesbeauftragten soll halbiert werden. Derzeit gibt es 45: vom Beauftragten gegen Rassismus, über den für transatlantische Zusammenarbeit bis zum Beauftragten für die Akzeptanz sexueller Vielfalt. Die gutbezahlten Posten dienen oft dazu, die Empörung über einen Missstand erstmal zu heilen, ihre Zahl ist in der letzten Legislaturperiode um knapp 20 Prozent gewachsen. Eine ganz andere Spezies ist das Auftragswesen in Betrieben. Dort gibt es vom Datenschutz-Beauftragten über den Erste-Hilfe-Beauftragten bis zum Trittleiterbeauftragten jede Menge Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen mit Sonderauftrag, die alle entsprechend geschult und geübt werden müssen. Für kleine und mittelgroße Unternehmen soll die Verpflichtung, solche Beauftragten zu benennen, abgeschafft werden, heißt es im Koalitionsvertrag.  „Sofortprogramm für den Bürokratierückbau“ heißt die Maßnahme.

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