Female & Forward Die Männlichkeits-Falle: Wie der „Reverse Gender Pay Gap“ zum politischen Köder wurde

Die Männlichkeits-Falle: Wie der „Reverse Gender Pay Gap“ zum politischen Köder wurde

Männer in der Krise, Frauen als neue Spitzenverdiener? Was als besorgniserregende Schlagzeile durch Medien geistert, entpuppt sich bei genauerer Betrachtung als geschickter politischer Marketing-Trick mit langer Tradition.

Die Erzählung klingt dramatisch: Männer seien die neuen Verlierer der Gesellschaft, während Frauen ihnen den Rang ablaufen. Angeblich verdienen junge Frauen inzwischen mehr als ihre männlichen Altersgenossen – der „Reverse Gender Pay Gap“ sei Realität geworden. Was zunächst nach einer bahnbrechenden gesellschaftlichen Wende klingt, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als politisches Narrativ mit fragwürdiger Faktenbasis und klarem Kalkül.

Die Mär vom überholt­en Mann

Die britische Boulevard-Zeitung „Daily Mail“ verkündete Anfang März eine vermeintliche Sensation: Der Gender Pay Gap habe sich umgekehrt, Frauen würden nun mehr verdienen als Männer. Eine „Krise der Männlichkeit“ sei ausgebrochen, ausgelöst durch eine Gesellschaft, die traditionell männliche Werte belächle statt fördere. Die ehemalige Politikerin Miriam Cates wird mit den Worten zitiert: „Statt Gleichheit zu schaffen, haben wir junge Männer dafür bestraft, Männer zu sein.“

Diese Erzählung ist nicht neu. In Deutschland propagiert besonders die AfD seit Jahren ähnliche Thesen. Bereits 2015 rief der Thüringer AfD-Chef Björn Höcke seinen Anhängern zu: „Wir müssen unsere Männlichkeit wieder entdecken“. Unter dem Mantel der Gleichberechtigung habe eine „große Verschwulung“ die Mehrheit der Männer zu „Weicheiern“ gemacht. Auch in den USA bedient sich die Trump-Administration dieser Rhetorik.

Die Marketingstrategie hinter der Männlichkeitskrise

Was auf den ersten Blick wie eine gesellschaftliche Analyse wirkt, folgt tatsächlich einem durchdachten Muster. Bereits 2001 lieferte der evangelische Autor John Eldredge mit seinem Bestseller „Wild at Heart“ (dt.: „Der ungezähmte Mann“) die Blaupause für diese Erzählung. Seine These: Männer seien von Natur aus Krieger, doch die Gesellschaft unterdrücke diese natürlichen Triebe, was zu Ersatzbefriedigungen wie Alkohol, Gewalt und Pornografie führe.

Die Strategie dahinter ist bemerkenswert effektiv:

1. Eine Bedrohung wird konstruiert: Die Gesellschaft zerstört angeblich die Männlichkeit. 2. Ein Retter wird präsentiert: Bei Eldredge ist es Gott, bei Politikern die eigene Partei. 3. Der Retter gibt Anweisungen: Wer gerettet werden will, muss folgen.

Seite 1 / 3
Nächste Seite