Business & Beyond Von den Briten lernen

Von den Briten lernen

Für Deutschland und Europa ist es an der Zeit, sich neue Partner zu suchen. Auch bestehende Partnerschaften sollten gepflegt werden. Es lohnt sich.

Manchmal dauert es einige Zeit. Vor neun Jahren hätte er es nicht für möglich gehalten, sagt Christian Böllhoff, geschäftsführender Gesellschafter von Basler Prognos. „Aber ich würde sagen, wir können von Großbritannien lernen.“ Auf dem Ludwig-Erhard-Gipfel am Tegernsee geht es gerade um globalen Handel in Krisenzeiten und neue Wachstumsstrategien. Der ehemalige britische Staatssekretär für Handelspolitik, Greg Hands hat da gerade von den 73 neu geschlossenen bilateralen Handelsabkommen erzählt, die Großbritannien seit dem Brexit abgeschlossen hat. „Mit Indien, gestern noch mit Australien“, sagt Hands. „Wir sind das verknüpfteste Land der Welt.“ Hands hat seinen Anteil daran: „Nach dem Brexit war unser Hauptziel, die Handelspolitik zu einem Erfolg zu machen“, berichtet er. „Deshalb hatte ich ein bisschen mehr Macht als andere.“

Neue Handelsabkommen mit Staaten und Ländergruppen könnten eine Lösung für Deutschland und Europa sein, wenn die bisher eher vom freien Warenverkehr und allgemeinen Regeln geprägte Weltwirtschaft in Blöcke zerfällt und Zölle nebst Gegenzöllen regieren. Aber solche Abkommen wollen gepflegt sein, immer wieder aktualisiert werden, wie Hands sagt. „Die sind im Schnitt 700 Seiten lang“, sagt er – viel Arbeit. Und: „Wenn ich nicht weiß, was Unternehmen brauchen, ist es wertlos.“

Christian Hartels Wunschliste ist kurz. „Bezahlbare Energiepreise, dann bin ich mit meinen Wünschen auch schon fast am Ende“, sagt der Vorstandsvorsitzende von  Wacker Chemie. Vielleicht noch Bürokratieabbau. „Es hilft mir nicht, wenn ich für ein bis zwei Jahre vielleicht Steuern spare“, hält Hartel fest. „Wir brauchen verlässliche Standortbedingungen über ein bis zwei Jahrzehnte.“ Neben neuen Kraftwerken hält er für notwendig, alternative Energiequellen besser zu nutzen, um auch wirklich billigere Energie zu bekommen. „Und wie man in Spanien nun sehen konnte, ist man da offensichtlich noch nicht weit genug“, sagt Hartel. „Und hier müssen wir europäischer ticken“, ist er überzeugt. Auch Böllhoff verortet den Großteil neuen Geschäfts für deutsche Unternehmen in Europa. „Und auf direkt benachbarten Inseln vielleicht“, sagt mit Blick auf Ex-Politiker Hands. „Wir werden neue Partner brauchen.“

Deutschland kann da Impulse geben und Brückenbauer sein, pflichtet Irene Bader bei, Mitglied im Vorstand des deutsch-japanischen Werkzeugmaschinenbauers DMG Mori. „Europa darf sich vor allem bei der Infrastruktur, aber auch bei der Verteidigung emanzipieren“, findet sie. „Nicht abschotten, ganz im Gegenteil“, konkretisiert sie. „Local for Local.“ Und dafür seien starke auch internationale Lieferketten nötig, starke Verbindungen, durchaus auch außerhalb Europas. Gerade im Hightech-Bereich sei Deutschland in Japan und anderen Ländern – auch immer noch in den USA – sehr hoch angesehen, sagt Bader. „Ich sehe täglich, wie geschätzt Deutschland ist.“ Auf diese Stärken dürften wir hierzulande ruhig bauen.

Und in der Tat planen eine Reihe von US-Unternehmen, groß in Deutschland zu investieren, wie Daniel Andrich, Geschäftsführer der American Chamber of Commerce in Germany (AmCham) berichtet: Amazon, Microsoft, IBM, McDonald’s, Eli Lilly sowie Lockheed Martin planten Milliardeninvestitionen. „Das zeigt, wie groß das Vertrauen in den Standort ist“, sagt Andrich. Die deutsch-amerikanischen Beziehungen sei eine Erfolgsgeschichte, die mit nichts zu vergleichen sei. Und so wie Umbrüche direkt oder indirekt praktisch alle Unternehmen auf beiden Seiten des Atlantiks beträfen, seien auch Verlässlichkeit und Vertrauen Aufgaben für beide Seiten des Atlantiks. Die Signale aus Europa gingen aus seiner Sicht in die richtige Richtung für stabile Rahmenbedingungen und konstruktive Lösungen.

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