Personal Finance Gastbeitrag: Der Wahlausgang und die Finanzmärkte (Teil 4: Steuern)

Gastbeitrag: Der Wahlausgang und die Finanzmärkte (Teil 4: Steuern)

Ein Gastbeitrag von Nils-Hendrik Höcker, Deutschlandchef des Neo-Brokers BUX

Der Countdown läuft: Es sind noch zehn Tage bis zur Bundestagswahl. Das Wahlergebnis wird nicht nur Einfluss auf unseren Alltag haben, sondern auch auf die Finanzmärkte. Wir nehmen die Parteiprogramme unter die Lupe, und schauen, welche Vorschläge die aktuell im Bundestag vertretenen Parteien machen. Die letzten Wochen haben wir die Themen Digitalisierung, Altersvorsorge und Klimawandel vorgestellt. Heute werfen wir einen Blick auf das Thema Steuern. 

Foto: BUX, Robert Lehmann

„Steuern finanzieren den Staat“

–– Nils-Hendrik Höcker

Für die meisten sind Steuern nur ein Thema, wenn die nächste Steuererklärung droht. Was viele vergessen: Steuern finanzieren den Staat. Ohne sie gibt es keine öffentlichen Schulen, Straßen oder Museen. Gleichzeitig sind sie ein zentrales Förder- und Steuerungsmittel für die Politik: Wird Braunkohle steuerlich begünstigt oder lieber Windkraftanlagen? Sollen Sparer:innen Aktien kaufen oder doch in etwas anderes investieren? Ein Blick in die Wahlprogramme verrät, was die Parteien zu dem Thema planen.

CDU/CSU
Nichts hat die vergangenen zwei Jahre so sehr geprägt wie die Covid-Pandemie.
Finanzielle Unterstützung und Rettungspakete lassen aber gleichzeitig die Staatsverschuldung steigen. Die Unionsparteien streben einen ausgeglichenen Haushalt ohne Neuschulden an, lehnen aber Steuererhöhungen ab. Stattdessen setzen die Parteien auf Entlastungen: Unternehmenssteuern sollen bei 25 Prozent gedeckelt werden, die Lohnzusatzkosten sollen bei 40 Prozent bleiben. Dazu soll ein „Entfesselungspaket“ in Zukunft Unternehmen bei Steuern und Bürokratie entlasten. Den Solidaritätszuschlag will die Union schrittweise abschaffen aber dafür am Ehegattensplitting festhalten. 

SPD
Die SPD will ihr Programm im Rahmen der Schuldenbremse mit neuen Schulden finanzieren. Einkommen will sie gerechter besteuern und kleine und mittlere Einkommen besser stellen. Spitzenverdiener:innen will die SPD stärker belasten, indem für sie der Solidaritätszuschlag erhalten bleibt. Außerdem soll es es für sie einen Aufschlag von drei Prozentpunkten bei der Einkommensteuer geben. Die SPD will zudem die Vermögensteuer mit einem einheitlichen Steuersatz von einem Prozent wieder einführen. Die Erbschaftsteuer will sie reformieren und eine Finanztransaktionssteuer einführen. Was das Ehegattensplitting angeht, so will die SPD dieses für neue Ehen abschaffen.

Die Grünen
Die Partei sieht im Klimawandel die größte Herausforderung und möchte daher das Steuersystem und die Schuldenbremse anpassen, um Umweltbelastung und Ressourcenverbrauch stärker zu besteuern und für Investitionen eine begrenzte Kreditaufnahme zu erlauben. Kleine und mittlere Einkommen sollen über einen höheren Grundfreibetrag der Einkommensteuer entlastet werden, während im Gegenzug der Spitzensteuersatz steigen soll. Zudem fordern sie eine neue Vermögensteuer, die Vermögen oberhalb von zwei Millionen Euro pro Person mit jährlich einem Prozent besteuert. Die Einnahmen sollen die Länder für Bildungsausgaben erhalten. Statt des Ehegattensplittings setzen die Grünen auf individuelle Besteuerung. 

FDP
Die FDP will als liberale Partei steuerliche Belastungen gering halten. Sie wirbt mit Steuerentlastungen, vor allem für kleine und mittlere Einkommen zum Beispiel bei der Einkommensteuer. Auch für Besserverdienende fordert die FDP Entlastungen: Der Spitzensteuersatz soll ab einem Jahreseinkommen von 90.000 Euro greifen. en Solidaritätszuschlag wollen sie streichen,die Erbschaftsteuer soll nicht angehoben und die Vermögenssteuer nicht wieder eingeführt werden. Die steuerliche Belastung von Unternehmen will die Partei  senken und die Gewerbesteuer abschaffen. Gleichzeitig bekennt sich die FDP zur Schuldenbremse. Andererseits will sie die Höhe der Sozialausgaben grundsätzlich bei 50 Prozent des Bundeshaushalts deckeln. 

Die Linke
Die Linkspartei will untere Einkommen entlasten und hohe Vermögen, Einkommen, Erbschaften und Gewinne aus Kapital und Aktien stärker besteuern. Die Schuldenbremse will sie abschaffen. Sie fordert eine progressive Vermögenssteuer für Superreiche: Ab einem Vermögen von 50 Millionen Euro soll der Höchststeuersatz von fünf Prozent greifen. Zur Bewältigung der Corona-Krise soll es eine Vermögensabgabe für Nettovermögen über zwei Millionen Euro geben, für Betriebsvermögen plant sie einen Freibetrag von fünf Millionen Euro. Den Solidaritätszuschlag will die Partei für hohe Einkommen erhalten, das Ehegattensplitting hingegen soll durch familienfreundliche Steuermodelle ersetzt werden.

AfD

Die AfD hat es weniger mit der Steuer: Um das Steuersystem zu vereinfachen schlägt sie vor, sich auf die beiden großen Steuerarten Umsatzsteuer und Einkommensteuer zu konzentrieren. Etliche andere Verbrauchssteuern auf Bundesebene will sie streichen, genauso wie den Solidaritätszuschlag. Zwar soll die Wirtschaft „von politisch herbeigeführten Belastungen“ komplett befreit werden, aber eine Digitalsteuer für Tech-Konzerne will sie trotzdem einführen. Die Branchen, die von den Corona-Maßnahmen besonders betroffen sind, sollen entschädigt werden. Aus dem Euro will sie austreten und die D-Mark wieder einführen.

Und was ist mit dem Vermögensaufbau?
Bei der Vermögensbildung steht Deutschland im internationalen Vergleich nicht gut da und keines der genannten Steuerkonzepte schafft Anreize. Der persönliche Freibetrag auf Kapitaleinkünfte steht seit Jahren bei 801 €. Auch wollen einige Parteien die Abgeltungsteuer abschaffen: Kursgewinne und Dividenden müssten dann mit dem persönlichen Steuersatz bezahlt werden – also aktuell mit den geltenden 27 Prozent. Insgesamt sind die Steuerpläne der Parteien unspektakulär. Der große Wurf bleibt aus. Dabei wäre genau jetzt zum Ende der Pandemie die Zeit, Investitionen zu tätigen und zu fördern. Bei niedrigen Zinssätzen würden Investitionen schnell refinanziert werden und bei einer florierenden Wirtschaft auch die Steuereinnahmen steigen. Auch dem Staat ist daher zu raten: Jetzt investieren. No Matter what.

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