Innovation & Future Der Wahlausgang und die Finanzmärkte (Teil 6: Keine großen Überraschungen)

Der Wahlausgang und die Finanzmärkte (Teil 6: Keine großen Überraschungen)

Ein Gastbeitrag von Nils-Hendrik Höcker, Deutschlandchef des Neo-Brokers BUX

Am vergangenen Sonntag hat Deutschland gewählt. Das Ergebnis zeigt: Die Bundesrepublik wird Neuland betreten – und zwar sowohl politisch als auch ökonomisch. Erstens politisch, weil eine neue Große Koalition zwar rein rechnerisch möglich wäre, derzeit aber extrem unwahrscheinlich ist. Es ist viel wahrscheinlicher, dass wir erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik eine Regierung haben werden, die sich aus drei Fraktionen im Parlament zusammensetzt. 

Foto: BUX, Robert Lehmann

„Bei der Vermögensbildung stehen insbesondere die Deutschen im internationalen Vergleich nicht gut da“

– Nils-Hendrik Höcker

Und zweitens ökonomisch, weil je nach Koalitionsbildung spezifische Wirtschaftsbereiche gewinnen oder verlieren können.

In den letzten Wochen vor der Wahl haben wir die Parteiprogramme der zuvor im Bundestag vertretenen Parteien unter die Lupe genommen, um zu schauen welche Wirtschaftsbereiche nach der Wahl profitieren können und ob die Ergebnisse einen Einfluss auf die Finanzmärkte haben könnten. 

Der große Paukenschlag bleibt aus

Auch wenn die Analyse der Wahlprogramme gezeigt hat, dass es für jedes Bündnis unterschiedliche Profiteure unter den Aktien und Fonds gibt, hat das Wahlergebnis den Aktienmarkt kaum bewegt. Der von der Wirtschaft befürchtete Linksruck ist ausgeblieben. Mehreren Anlagestrategen zufolge wäre ein Linksbündnis die einzige wirkliche Belastung für den Aktienmarkt gewesen. 

Auch die mehrheitliche Zustimmung der Berliner, große Immobilienkonzerne wie Vonovia und Deutsche Wohnen zu enteignen, hatte keinen Einfluss auf die Aktien beider Unternehmen. Das liegt allerdings daran, dass der Beschluss für den Berliner Senat rechtlich nicht bindend ist. Auch wenn keine Werte infolge der Wahlen abgestürzt sind: Bestimmte Bereiche haben doch auf die Ergebnisse reagiert. So konnten beispielsweise nachhaltige Werte wie Siemens Energy oder der Windkraft- und Solarparkentwickler Encavis dazugewinnen, was auf die Möglichkeit einer künftigen Regierungsbeteiligung der Grünen zurückzuführen ist.

Auch wenn der Linksruck ausgeblieben ist und die Märkte kaum reagiert haben, dürfte das Ergebnis der Koalitionsverhandlungen Konsequenzen für Wirtschaft und Märkte haben. 

Bei einer Jamaika-Koalition (CDU, Grüne, FDP) dürften marktwirtschaftliche Elemente stärker zum Tragen kommen, weil Union und FDP administrative Eingriffe beispielsweise in der Klimapolitik und am Wohnungsmarkt ablehnen. Die Ampel (SPD, Grüne, FDP) könnte tendenziell mehr Restriktionen einführen und würde Unternehmen wohl weniger betriebswirtschaftlich entlasten, dafür könnte sie für zusätzliche Nachfrage sorgen.

Wie ein Selfie zum Symbol für die Erwartung der jungen Generationen wird 

Die To-Do-Liste für die neue Regierung ist lang. Die großen Themen der Zukunft sind Klimaschutz, Digitalisierung, Europapolitik und die Beziehungen zu den USA, China und Russland.

Die Wahl hat gezeigt: Wählerinnen und Wähler – vor allem die jüngeren – setzen dabei auf die Grünen und die FDP. Beide Parteien haben sich sehr viel Gedanken gemacht, wie Deutschland für die Zukunft aufgestellt werden soll. Bei Zukunftsthemen wie Klimaschutz oder Rente sind sie, wie unsere Analyse der vergangenen Wochen gezeigt hat, viel konkreter als die SPD oder die Union. Das würde auch insbesondere von Erstwählern (Generation Z) und den Millennials honoriert, bei denen die FDP und die Grünen jeweils die stärkste Partei geworden sind. Die Wahlentscheidung der Generation Z und der Millennials schlägt sich auch in ihrer Investmentstrategie nieder: Sie kaufen Aktien von Tesla, Apple, Adyen und Beyond Meat und legen ihr Geld in techlastigen ETF wie den S&P 500 an. 

Klimaschutz, Altersversorgung und Digitalisierung sind für jüngere Anleger:innen relevant, und schlussendlich zeigt sich das auch im Wahlergebnis. Welche wirtschaftlichen und politischen Veränderungen für unsere Gesellschaft kommen, werden die nächsten Jahre zeigen.

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