Productivity & New Work Kolumne: Muss wirklich jedes Unternehmen agil arbeiten?

Kolumne: Muss wirklich jedes Unternehmen agil arbeiten?

von Nico Rose

Unentrinnbare Zauberformel und Allheilmittel der Gegenwart: agiles Arbeiten. Höchste Zeit, dass unser Kolumnist Nico Rose den Hype mal einordnet

„Wer als Werkzeug nur einen Hammer hat, für den sieht jedes Problem wie ein Nagel aus.“ Dieser Ausspruch geht auf den humanistischen Psychologen Abraham Maslow zurück. Er soll uns vor einer „One Tool Fits All“-Mentalität bewahren – und er hat auch wichtige Implikationen für das Management von Startups.

Viele Gründer:innen stellen sich nach einer initialen Wachstumsphase zum ersten Mal bewusst die Frage: Wie soll dieser Laden eigentlich gemanagt werden? Während zu Anfang alle Angestellten wild durcheinanderwuseln, steht vor dem Hintergrund zunehmender Effizienzverluste plötzlich die Frage nach Regeln, Strukturen und Prozessen im Raum wie der sprichwörtliche Elefant.

Schaut man auf der Suche nach Antworten in die aktuelle Managementliteratur und die zugehörige Blogosphäre, scheint es nur eine richtige Antwort zu geben: „Wir MÜSSEN TOTAL AGIL werden!“ Ergo: Her mit den Kanban-Boards, Stand-up-Meetings und Product-Sprints.

Bevor ich im Folgenden falsch interpretiert werde: Diese Ansage kann goldrichtig sein. Sie kann aber nachweislich auch in die Irre führen. Wie immer im Leben gilt ein „Kommt drauf an …“. Um ein Gespür für die optimale Prozessgestaltung zu erlangen, sollte man mit einer – im Grunde – simplen Frage beginnen, die nach meiner Erfahrung in der Praxis aber viel zu selten ernsthaft gestellt wird. Sie lautet: „Was für eine Arbeit machen wir hier eigentlich?“

Das beginnt mit einer einfachen Beobachtung: Vieles von dem, was in bundesdeutschen Büros als Teamwork bezeichnet wird, ist gar keine Teamarbeit im engeren Sinne, sondern: Gruppenarbeit. Der entscheidende Unterschied findet sich im Grad dessen, was die Arbeitspsychologie „Interdependenz der Aufgaben“ nennt.

Sprich: Arbeiten die Menschen mehr oder weniger nebeneinanderher an übergeordneten Zielen? Dann handelt es sich aufgrund niedriger Interdependenz um eine Arbeitsgruppe. Werkeln die Personen sehr konkret an einem gemeinsamen Produkt oder Prozess? Anders gefragt: Besteht das Risiko, dass die Fehler einer Person die Arbeit des gesamten Teams beeinträchtigen, etwa weil das Gesamtprodukt (zeitweilig) unbrauchbar wird? Dann handelt es sich um ein veritables Team.

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