Finance & Freedom Rentensystem am Limit: Warum wir jetzt radikal umdenken müssen

Rentensystem am Limit: Warum wir jetzt radikal umdenken müssen

Das deutsche Rentensystem steht vor dem Kollaps. Demografischer Wandel, politischer Reformstau und fehlende Kapitaldeckung gefährden die Altersversorgung. Ein Experte zeigt Auswege aus der Rentenfalle.

Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Knapp zwei Beitragszahler finanzieren heute einen Rentner – 1962 waren es noch sechs. Über 120 Milliarden Euro Steuergeld fließen 2024 in die Rentenkasse, fast ein Viertel des Bundeshaushalts. Das deutsche Rentensystem wankt, während die Politik das Problem seit Jahrzehnten vor sich herschiebt. Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) will nun Selbstständige, Beamte und Abgeordnete in die gesetzliche Rentenversicherung einbeziehen. Doch reicht das?

Die demografische Zeitbombe tickt

Der Generationenvertrag – Grundpfeiler unseres Rentensystems – funktioniert nur, wenn das Verhältnis zwischen Beitragszahlern und Empfängern stabil bleibt. Genau hier liegt der Knackpunkt: Seit den 1960er Jahren sinken die Geburtenraten, während die Lebenserwartung steigt. Prognosen zeigen, dass bis 2030 nur noch 1,5 Erwerbstätige auf einen Rentner kommen werden. Das Umlageverfahren stößt damit an seine Grenzen.

Schwedisches Modell als Vorbild

Rentenexperte Prof. Christian Hagist von der WHU – Otto Beisheim School of Management sieht in kapitalgedeckten Sparmodellen einen entscheidenden Lösungsansatz. „Wenn jeder Bürger ein Depot bei der Bundesbank hätte und Monat für Monat einen Teil seines Einkommens global gestreut am Kapitalmarkt investieren würde, könnten langfristig attraktive Renditen erzielt und somit das Rentensystem immens entlastet werden“, erklärt Hagist gegenüber der „Bild“. Schweden macht es vor: Dort fließt ein Teil der Rentenbeiträge in breit gestreute ETF-Sparpläne.

Fairere Lastenverteilung zwischen Generationen

Ein weiterer Baustein wäre die Reaktivierung des Nachhaltigkeitsfaktors, der seit 2019 weitgehend ausgehebelt wird. Dieser Mechanismus sollte ursprünglich die demografische Entwicklung bei der Rentenanpassung berücksichtigen. „Der Nachhaltigkeitsfaktor ist ein zentrales Instrument, um die demografischen Lasten fair zu verteilen“, betont Hagist.

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